Der G-Lokus: Progressive Ergrauung beim Hund

[Werbung]: Wenn Du über einen unserer Affiliate-Links kaufst, bekommen wir eine Provision.

Es gibt einige Hunderassen, bei denen die schwarzen oder braunen Anteile im Fell schon früh im Hundeleben vergrauen oder ausbleichen. Aber bislang ist ungeklärt, weshalb Yorkshire Terrier, Bobtails und andere Farbverblasser schon so früh graues Fell bekommen.

Du willst mehr über Fellfarben beim Hund lernen?

Hier findest Du nochmal alle Grundlagen der Genetik und Vererbung der Fellfarben. Der Beitrag über die Pigmenttypen erklärt die Begriffe Eumelanin und Phaeomelanin. Und hier entlang geht’s zur kompletten Übersicht über alle Fellzeichnungen und -farben.

Hunderassen Mit progressiver Ergrauung

Es gibt viele Hunderassen, bei denen progressive Ergrauung vorkommt. Nicht überraschend sind viele davon lose miteinander verwandt. Was direkt auffällt ist, dass progressive Ergrauung scheinbar ausschließlich Hunde mit Furnishings (Gesichtshaar) zu betreffen scheint:

  • Bobtail
  • Bearded Collie
  • Tibet Terrier
  • Polski Owczarek Nizinny (PON)
  • Bedlington Terrier
  • Dandie Dinmont Terrier
  • Basset Griffon Vendeen
  • Pudel
  • Irish Wolfhound
  • Deerhound
  • Cesky Terrier
  • Kerry Blue Terrier
  • Havaneser
  • Glen of Imaal Terrier
  • Lagotto Romagnolo
  • Perro de Agua Español
  • Bolonka Zwetna
  • Shih Tzu
  • Lhasa Apso
  • Yorkshire Terrier
  • Australian Silky Terrier
  • Pumi

Der G-Lokus

Die graue Färbung von Bobtail, Bearded Collie oder Yorkshire Terrier kennt jeder, aber das verantwortliche Gen für die progressive Ergrauung ist noch nicht gefunden worden und nicht testbar.

Da man aber ganz sicher von einer genetischen Ursache ausgehen kann, benennt man den hypothetischen Genlokus als Greying-Lokus oder kurz G-Lokus.

Ohne es genauer wissen zu können, geht man momentan von zwei Allelen aus:

G – Progressive Ergrauung
g – Keine Ergrauung

Außerdem nimmt man an, dass sich G unvollständig dominant verhält:

G-LokusPhänotyp
G/GReinerbigkeit für das dominante Allel führt zu progressivem Ergrauen.
G/gMischerbige Tiere sollen auch von progressivem Ergrauen betroffen sein, aber nicht ganz so stark.
g/gKeine Vergrauung

Update 01/2020:

2020 wurde eine Studie veröffentlicht, laut der es sich beim bisher getrennten Intensität-Lokus und beim G-Lokus um den gleichen Mechanismus handeln könnte.

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Hunde mit intensiver Fellfärbung mehrere Kopien eines kleinen Genabschnitts im KITLG-Gen aufweisen als weniger intensiv gefärbte Hunde.

Das betraf bei den untersuchten Hunden sowohl Phaeomelanin als auch Eumelanin. Bei beiden Pigmenttypen führte eine Abnahme von Pigmenteinlagerung mit fortschreitendem Wachstum der Haare zum weniger intensiven Farbeindruck.

Und da Hunde mit progressiver Ergrauung tatsächliche Furnishings tragen, also stetig wachsende Haar ohne Fellwechsel haben, könnte das in Kombination mit dem entdeckten Genotyp den progressiven Fortschritt des Ausbleichens erklären.

Speziell beim Pudel findet man alle Abstufungen und entsprechende Farbbezeichnungen. Braun kann zu beige oder „cafe au lait“ aufgehellt werden, wird aber vom Rassestandard der FCI nicht erwünscht. Und schwarz wird zu blau (nicht verwechseln mit dilute) oder silbergrau.

Auch die Verdünnungsfarben Blau oder Lilac können theoretisch mit progressivem Ergrauen vorkommen. Nur dürfte der Effekt dann nicht ganz so direkt ins Auge fallen, denke ich.

Abstufungen von progressiver Ergrauung: Vl.n.r. gg – Gg – GG

Progressive Ergrauung

Bei der progressiven Ergrauung werden die schwarzen und braunen Bereiche mit zunehmender Zeit immer blasser. Phaeomelanin ist nicht bei allen Hunden betroffen, scheint aber bei vielen ebenfalls leicht auszubleichen.

Bei Hunden mit Greying können sich hellere und dunklere Schattierungen im Fell zeigen, aber das Ergrauen schreitet insgesamt ziemlich gleichmäßig voran. 

Abscheren scheint den Effekt zu beschleunigen. Auch wenn die Haare erstmal dunkler erscheinen, wachsen sie bei jedem Durchgang etwas heller nach als vorher.

Grundlegend verhält sich progressives Grauwerden ein bißchen wie das Schimmel beim Pferd:

Die betroffenen Hunde werden mit dunklem Fell geboren und klaren dann mit zunehmenden Alter am ganzen Körper auf, also auch an der Decke, Flanken, Beinen und Rute.

Bei Yorkshire Terriern bildet sich gleichzeitig aus dem Black-and-Tan bei der geburt eine Sattelzeichnung aus:

Das Ergrauen kann dabei zu einer Aufhellung von schwarz zu silbergrau oder von braun zu rotgrau führen.

Bei welchen Hunden kommen Farbverblasser vor?

Progressives Ergrauen betrifft nur Hunde mit Langhaar, Drahthaar oder Locken! 

Dunkle Gesichtsmasken (Em) scheinen von progressiver Ergrauung nicht betroffen zu sein und bleiben auch im Erwachsenenfell sichtbar. Prominentes Beispiel hierfür sind Kerry Blue Terrier.

Nicht jeder graue Hund ist progressiv ergraut

Progressive Ergrauung darf man nicht mit normalem „Grau um die Schnauze werden“ verwechseln.

Schon junge Hunde können frühzeitig grau werden und  zeigen dabei aber das typische Voranschreiten wie bei älteren Tieren. Hier beginnt das Vergrauen langsam von der Schnauze her und bildet eine helle Gesichtsmaske, schreitet aber selten über den ganzen Körper voran.

Graue Schnauzen bei Hundesenioren

Auch Hunde mit Roan, Domino, Merle oder Dilute können im Erwachsenenfell sehr silbergrau aussehen und leicht mit einem progressiv ergrauten Hund verwechselt werden.

Hunde mit stark aufgehelltem Phaeomelanin in Zobel oder Agouti sehen ebenbfalls grau-stichelfarbig aus, z.B. Schnauzer in pfeffer-und-salz oder Wolfsspitze.

Diese Hunde werden aber alle bereits mit aufgehellten Fellbereichen geboren, wohingegen Hunde mit progressiver Ergrauung als ganz normal dunkel gefärbte Welpen geboren werden.

Theoretisch ist es möglich, dass ein Hund einen dieser Faktoren gleichzeitig mit dem progressiven Ergrauen ausprägt, aber die Kombinationen scheinen in der Praxis so gut wie nie vorzukommen bzw. im Phänotyp dann nicht ganz so offensichtlich zu sein.

Kein Progressives Grau! V.l.n.r.: Helles Phaeomelanin, Domino, Merle, Dilute

[shariff]

Quellen

[1] http://www.doggenetics.co.uk/greying.html

[2] Kalie Weich,Verena Affolter,Daniel York,Robert Rebhun,Robert Grahn,Angelica Kallenberg, Danika Bannasch; Pigment Intensity in Dogs is Associated with a Copy Number Variant Upstream of KITLG; Genes 2020, 11(1), 75; https://doi.org/10.3390/genes11010075