Haartextur beim Hund: Locken, Furnishings, Drahthaar

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Warum sind manche Hunde lockig, andere nicht? Und wie sieht es mit Bärten und Drahthaar aus?

Hier erfährst wie die verschiedenen Haartexturen beim Hund zustande kommen.

Denn neben Langhaar und Kurzhaar entscheiden zwei weitere Merkmale über das Erscheinungsbild unserer Hunde: Locken und Furnishings (Gesichtsbehaarung).

Allein die Kombinationsmöglichkeiten aus diesen drei Merkmalen sorgen für allerhand verschiedene Felltypen von glattem Kurzhaar über drahtige Raubärte hin zum lockigen Endlosplüsch bei Bichon oder Pudel.

Der W-Lokus: Furnishings, Bärte, Drahthaar

Bärte und ausgeprägte Augenbrauen findet man bei sehr vielen Hunderassen vom winzigen Bichon frisé, dem Rauhaardackel oder Affenpinscher bis zum Riesenschnauzer oder gigantischen Irish Wolfhound. Und natürlich auch bei ganz vielen Mischlingen.

Gesichtsbehaarung mit Bart und Augenbrauen wird auch als „Furnishings“ bezeichnet.

Als Begleiterscheinung haben Hunde mit Furnishings meist rundum an Beinen und Bauch etwas längere Behaarung und  verzichten auf einen saisonalen Fellwechsel.  Stattdessen müssen diese Hunde je nach Haartyp von Hand getrimmt oder geschoren werden.

Man weiß mittlerweile:

Eine Mutation im so genannten RSPO2-Gen (R-spondin-2) ist verantwortlich für die Rauheit des Hundefells und das Auftreten der Furnishings.

R-spondin-2 ist ein Protein, dass u.a. indirekt an der Entwicklung von Haarfollikeln beteiligt ist. Die Mutation bei Hunden mit Bart befindet sich aber gar nicht in dem DNA-Abschnitt, der den Bauplan für dieses Protein enthält.

Stattdessen ist hier ein regulierender DNA-Abschnitt verändert, der indirekt für eine erhöhte Aktivität von RSPO2 sorgt. Leider ist diese Mutation auch dafür verantwortlich, dass Hunde mit Furnishings häufiger als andere Hunde an Haarfollikeltumoren erkranken.

Der Genlokus von RSPO2 wird gemeinhin als W-Lokus (von engl. „wire coated“ = drahthaarig) bezeichnet. Gelegentlich wird auch die Abkürzung F (für „Furnishings“) verwendet.

Man findet dort zwei Allele:

  • W (Wire) ist das mutante Allel und führt zu Drahthaar bzw. Furnishings
  • w ist das Wildtyp-Allel und führt nicht zu Drahthaar bzw. Furnishings

Das mutante W-Allel, das zu Furnishings und Drahthaar führt, wird semi-dominant ausgeprägt.

Schon bei heterozygoten Tieren (W/w) werden Furnishings ausgebildet, die aber bei homozygoten Tieren (W/W) stärker ausfallen können.

Beim Parson Russell Terrier sind zum Beispiel alle diese Varianten erlaubt. Hier bezeichnet man den halblang-drahtigen Haartyp bei heterozygoten Tieren als ‚broken‚:

Parson Russell Terrier in Glatthaar, Broken und langem Rauhaar

Wirklich festes Drahthaar kommt durch die Mutation übrigens  i.d.R. nur dann zustande, wenn der Hund gleichzeitig genetisch kurzhaarig ist.

Das führt dann zu der typischen Textur bei vielen Terrierrassen und einigen Jagdhunden. Oft haben diese Hunde nur moderat ausgeprägte Furnishings.

Bei langhaarigen Hunden mit dem W-Allel findet man nur eine ausgeprägten Gesichtsbehaarung, aber ohne festes Rauhaar.

Diese Beschaffenheit findet man z.B. beim Irish Soft Coated Wheaten Terrier, dem Bearded Collie und vielen Schoßhunderassen:

Wer hätte es gedacht, auch beim Chinesischen Schopfhund konnte die Mutation nachgewiesen werden und ist dort verantwortlich für die langen Augenbrauen dieser ansonsten nackten Hunde.

Egal wie mickrig der Bart auch manchmal ausfällt:

Jeder Hund mit sichtbaren Furnishings trägt mindestens eine Kopie des dominanten W-Allels. Umgekehrt kann ein bärtiger Hund also Träger für ein verstecktes Wildtyp-Allel w sein.

Fehlender Bart – Improper Coat

Zum Ärgernis mancher Züchter kann sich in ihren Linien solche ein rezessives Wildtyp-Allel verstecken und zu einem nicht rassegerechten Phänotyp führen, wenn zwei Träger verpaart werden.

Das Problem ist fast bei allen Hunden mit Furnishings bekannt, z.B. bei Shih Tzu, Bolonka, Portugiesischen Wasserhund, Pudel, Schwarzen Russischen Terrier und dem Havaneser.

Zum Beispiel sieht ein Portugiesischer Wasserhund ohne Furnishings ganz plötzlich aus wie ein Retriever-Mischling (Link führt zu einer englischsprachigen Züchterseite, aber enthält Vergleichsbilder).

Züchter solcher Hunde versuchen tunlichst so einen „Improper Coat“ (IC) zu vermeiden.

Bei den Designerhunden Labradoodle oder Goldendoodle wird deshalb nach der ersten Generation (F1: Retriever x Pudel) wieder eine Rückkreuzung mit einem reinrassigen Pudel unternommen, um die erwünschten Furnishings züchterisch zu erhalten (F1B: F1 Doodle x Pudel).

Denn ohne Furnishings haart so ein glatthaariger Hybridhund natürlich wieder. Das lässt sich schlecht vermarkten bei den ach so „allergikerfreundlichen“ Doodles.

Der glatthaarige Doodle rechts im Bild hat nicht mal mehr Locken von seinen Vorfahren abgekriegt. Zu denen kommen wir nämlich jetzt.

Der Cu-Lokus: Locken und Wellen

Hunde mit lockigen Haaren tragen eine Mutation im KRT71-Gen (ein Haarkeratin). Dieses führt zu einer abgeänderten Haarbildung, die in lockigem Haar resultiert.

Der Genlokus wurde nach dem englischen „Curly“ als Cu-Lokus benannt.

Auch hier sind zwei Allele bekannt:

  • Cu (keine Locken) ist das dominante Wildtyp-Allel
  • cu ist das mutante Allel und führt homozygot (cu/cu) zu Locken bzw. heterozygot (Cu/cu) zu welligem Haar

Die Ausprägung des Wildtyps (keine Locken) ist also nur unvollständig dominant und kann den Trägerstatus für Locken nicht komplett abdecken. Auch schon ein einziges rezessives Allel reicht, um eine sichtbare „Welle“ im Fell auszuprägen.

Hunde mit cu/cu haben Kringellocken, Hunde mit Cu/cu haben welliges Fell, Hunde mit Cu/Cu haben glattes Fell.

Interessant dabei:

Bei zu kurzem Fell werden die Locken nicht unbedingt sichtbar. Fast alle offensichtlich lockigen Hunde sind deshalb genetisch langhaarig und tragen zusätzlich Furnishings.

Auch hier lässt sich nicht ausschließen, dass weitere Modifizierungsgene die genaue Art und Form der Locken beeinflussen könnten. Denn verschiedene Hunde unterscheiden sich ja durchaus (große Locken, enge Locken,..).

Durch die rezessive Vererbung von Locken kommt das Phänomen auch bei eigentlich glatthaarigen Hunderassen mal vor. Zum Beispiel fallen beim Border Collie immer mal wieder Tiere mit Locken oder auffällig welligem Fell.

Und längst nicht jeder Hund mit gewelltem Haar ist Träger für das Locken-Allel. Auch glatthaarige Shelties haben mal einen Tuft welliges Haar hinter den Ohren haben ohne direkt genetisch Lockenträger zu sein. Besonders die Unterwolle ist bei fast allen Hunden ein bißchen kraus.

Beim Curly Coated Retriever und einigen anderen lockigen Hunderassen kommt eine Variante des Curly-Allels vor, bei der die Haare nicht so fest in der Haut verankert sind[3]. Gerade bei mechanischer Belastung (z.B. ein schlecht sitzendes Hundegeschirr) kann das zu kahlen Stellen führen!

Kombinationen aus Curly, Furnishings und Langhaar

Allein das Zusammenspiel aus Lang- bzw. Kurzhaarigkeit, Locken und Furnishings erklärt den Großteil aller Frisuren bei unseren Hunderassen.

Folgende Kombinationen sind möglich:

Links

[1] Cadieu E, Neff MW, Quignon P, et al. Coat variation in the domestic dog is governed by variants in three genes. Science. 2009;326(5949):150–153. doi:10.1126/science.1177808

[2] Furnishing RSPO2 (Genomia): https://www.genomia.cz/en/test/ic/

[3] Bauer A, Hadji Rasouliha S, Brunner MT, Jagannathan V, Bucher I, Bannoehr J, Varjonen K, Bond R, Bergvall K, Welle MM, Roosje P, Leeb T. A second KRT71 allele in curly coated dogs. Anim Genet. 2019 Feb;50(1):97-100. doi: https://doi.org/10.1111/age.12743. Epub 2018 Nov 15. PMID: 30444027.