Der D-Lokus (Dilute): Farbverdünnung zu Blau und Lilac

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Der Dilution-Lokus bestimmt darüber, ob ein Hund ordnungsgemäß dazu in der Lage ist Pigment in seine Haare einzulagern. Kann er das nicht, klumpen einzelne Pigmentkörnchen zusammen. Das sorgt im Phänotyp für einen Verdünnungseffekt von Schwarz zu Blau oder von Braun zu Lilac.

Du willst mehr über Fellfarben beim Hund lernen?

Hier findest Du nochmal alle Grundlagen der Genetik und Vererbung der Fellfarben. Der Beitrag über die Pigmenttypen erklärt die Begriffe Eumelanin und Phaeomelanin. Und hier entlang geht’s zur kompletten Übersicht über alle Fellzeichnungen und -farben.

Allele am D-Lokus

Jeder Hund kann entweder Eumelanin in schwarz oder braun produzieren (siehe den Beitrag zum B-Lokus). Eine Mutation am Dilution-Lokus kann für eine Verdünnung (Dilution) dieser Farben im Phänotyp zu Blau oder Lilac sorgen.

v.l.n.r.: Lilac-Zobel, Blau, Lilac

Man kennt am D-Lokus bislang folgende Allele:

D – Wildtyp, dominant, schwarzes oder braunes Eumelanin
d (d1, d2, d3) rezessiv, Farbverdünnung, Dilution zu blau oder lilac

Am D-Lokus findet man das MLPH-Gen, welches den Bauplan für das Protein Melanophilin enthält. Melanophilin ist notwendig für die Einlagerung von Pigmentkörnchen (Melanosomen) in einzelne Haare.

Bei den rezessiven Allelen d1, d2 und d3 am D-Lokus führt die Mutation zum Funktionsverlust von Melanophilin. Pigmentkörnchen werden dann nicht mehr richtig an ihre Zielorten verteilt und eingelagert, sondern „klumpen“ aneinander.

Das führt bei Hunden, die für das mutante Allel reinerbig (d/d) sind, zu einem Verdünnungseffekt im Phänotyp:

Schwarzes Eumelanin wird zu Blau verdünnt. Braunes Eumelanin wird zu Lilac verdünnt.

Phaeomelanin ist i.d.R. nicht betroffen!

B-LokusD-LokusPhänotyp
B/B oder B/bD/D oder D/dSchwarz
B/B oder B/b d/dBlau
b/b D/D oder D/d Braun
b/b d/d Lilac

D verhält sich gegenüber den mutanten Allelen d1, d2 und d3 dominant:

D > d1, d2, d3

  • Erbt ein Hund mindestens ein D, kann er Pigment normal einlagern: D/D oder D/d.
  • Erbt ein Hund von jedem Elternteil ein mutantes Allel, führt das zur Farbverdünnung: d/d.

d1 , d2 und d3 sind Mutationen an verschiedenen Stellen am D-Lokus, führen aber zum gleichen Effekt. Hunde mit Farbverdünnung können also d1/d1, d2/d2, d3/d3 oder aber auch z.B. d1/d2 oder d1/d3 sein.

Womöglich gibt es sogar noch einige weitere bislang nicht gefundene d-Allele!

d1 ist die häufiger verbreitete Mutation, die z.B. bei Whippet, Weimaraner, Mastino Napoletano, Border Collie oder blauen Labradoren gefunden werden kann.

d2 wurde erst 2018 entdeckt und bislang bei Sloughi, Chow Chow, Französischen Bulldoggen und dem Thai Ridgeback gefunden.

Die Studie zu der Mutation hinter der d3-Genvariante wurde erst 2020 veröffentlicht. d3 wurde bislang u.a. bei Mudi, Pumi, Chihuahua, Pekinesen, Italienischem Windspiel, Shih Tzu, Tibetdogge, Yorkshire Terrier, Sheltie und dieversen Wolfshund-Hybriden nachgewiesen.

Farbverdünnung beim Hund

Bei einem Hund mit Genotyp d/d am D-Lokus wird alles sichtbare Eumelanin verdünnt.

Zu den Hunderassen, in denen Farbverdünnung gewollt vorkommt, gehören Border Collie, Staffordshire Bull Terrier, Weimaraner, Slowakischer Rauhbart, Thai Ridgeback, Mastino Napolitano oder Australian Kelpie.

Aber wie gesagt, auch bei vielen anderen Hunderassen können Tiere in Dilute-Farben fallen, wenn versehentlich zwei Trägertiere verpaart werden.

Schwarzes Eumelanin wird zu Blau verdünnt

Bei verschiedenen Hunderassen hat diese Verdünnungsfarbe verschiedene Bezeichnungen, die sich ein bißchen lesen wie aus einem Wandfarben-Katalog: Blau, grau, silber/silver, charcoal, schiefer. slate, rauchfarben, smoke, taubenblau,…

Bei einem blauen Hund wird das Blau nicht nur im Fell sichtbar. Auch am Nasenpigment, Lippen und Lidrändern macht sich die Verdünnung bemerkbar. Und auch die Augenfarbe ist heller als bei Hunden ohne Verdünnung.

Blaues Eumelanin

Verwechslungsmöglichkeiten

Aufgepasst, nicht jeder silbrig-helle Hund ist ein Dilute!

Bei Hunden in „Blue-Merle“ kommt die Aufhellung ins Silbergraue durch den Merle-Phänotyp und nicht durch eine Farbdilution zustande.

In Hunderassen, in denen es praktisch keine Tiere mit Farbverdünnung gibt, weiß jeder, dass ein „Blue-Merle“ eigentlich ein schwarzbasierter Merle ist.

Denn das sichtbare Pigment in Nase und Farbplatten ist schwarz und nicht blau.

Spätestens in Hunderassen, in denen sowohl verdünnte als auch unverdünnte Grundfarben erlaubt sind, bietet sich eine sprachliche Trennung dieser Farbvarianten an.

Deshalb wurde Blue-Merle mittlerweile bei einigen Hunderassen in „Black-Merle“ umbenannt. Echte blaue Hunde mit Merle nennt man dann z.B.  „Slate-Merle“ oder „Dilute-Merle„.

Dieser Hund ist offensichtlich dazu in der Lage schwarzes Pigment zu bilden. Die Bezeichnungen „Blue-Merle“ meint also nicht eine Farbverdünnung, sondern die Aufhellung durch den Merle-Phänotyp. Die korrektere Bezeichnung wäre „Black-Merle“.

Ebenfalls nicht mit Dilute zu verwechseln sind Hunde, die durch den G-Lokus zu frühzeitigem Vergrauen neigen wie Yorkshire Terrier, Pudel oder Bobtails. Auch Hunde in Zobel und Agouti, bei denen das gelbe Pigment zu weiß aufgehellt ist, sehen grau aus ohne dilute zu sein.

Zwergschnauzer und Yorkshire Terrier haben schwarzes Pigment. Die graue Farbe geht auf andere Ursachen als eine Farbverdünnung zurück.

Braunes Eumelanin wird zu Lilac verdünnt

Weimaraner und Slowakischer Rauhbart sind meines Wissens nach die einzigen Hunderassen, in denen ausschließlich Hunde mit d/d vorkommen. Alle Hunde dieser beiden Rassen sind lilac (b/b d/d).

Lilac hat ebenfalls verschiedene Namen je nach Hunderasse u.a. auch als isabelle oder champagner bezeichnet.

Weimaraner und Slowakischer Rauhbart in lilac.

Lilac reicht von sehr silbrig-grauem Fell hin zu rötlichem Grau. Auch hier sind Hautpigment und Augenfarbe von der Verdünnung betroffen. Die Abgrenzung von dunklem Lilac zu hellem Braun allein am Hautpigment kann anhand von Fotos sehr kniffelig werden.

Lilac Eumelanin
Weimaraner-Welpen in unterschiedlichen Schattierungen

Farbverdünnung und Fellzeichnungen

Hunde in blau und lilac sind natürlich nicht immer nur einfarbig.

Diese Verdünnungsfarben können in allen Fellzeichnungen sichtbar werden, in denen Eumelanin vorkommt. Allerdings bildet Blau einen deutlich besseren Kontrast als Lilac zu rot-blondem Phaeomelanin.

Auch Hunde mit rezessivem Gelb (e/e) können Dilute sein. Da diese Hunde kein Eumelanin im Fell haben, sieht man die verdünnte Farbe dann ausschließlich am Hautpigment.

Labardorwelpe mit blauem Nasenpigment (e/e B/- d/d)
Blau mit Brindle und Maske (Em/- kbr/- Ay/- B/- d/d)
Blauer Brindlepoint mit Maske (Em/- kbr/- at/- B/- d/d)
Blau-Zobel, vermutlich mit Maske (Em/- ky/ky Ay/- B/- d/d)
Blau-Zobel mit Maske (Em/- ky/ky Ay/- B/- d/d)
Lilac-Zobel (E/- ky/ky Ay/- b/b d/d)
Lilac-Tricolor (E/- ky/ky at/- b/b d/d)

Dilute als Modefarbe

Da es sich bei d um ein rezessives Merkmal handelt, das bei heterozygoten (D/d) Trägern nicht äußerlich sichtbar ist, findet man es auch bei Hunderassen, in denen eine Farbverdünnung nicht erwünscht ist (z.B. selten beim Malinois).

Heutzutage kann man vor der ersten Wurfplanung mit einem Zuchthund per Gentest ausschließen, dass der Hund Träger für ein unerwünschtes Farballel ist. Bis vor nicht allzulanger Zeit war es aber in ganz seltenen Fällen durchaus möglich durch die versehentliche Verpaarung von zwei Trägern auch mal einen Malinois mit blauer Maske oder einen Dalmatiner mit blauen Punkten in der Wurfbox zu finden.

Blau und Lilac sind Modefarben bei vielen Hunderassen.

Auf den einschlägigen Verkaufsplattformen findet man Hunde in den dollsten Farbkombinationen. Blaue Französische Bulldoggen und blaue Labradore sind längst keine Seltenheit mehr.

Die Züchter blauer „Rassehunde in seltenen Farben“ berufen sich oft darauf, dass es so ein Zufall war, der zwei Dilute-Träger zusammenführte. Man kann tatsächlich nicht ausschließen, dass das bei ein oder zwei Zuchtlinien mit Dilute-Hunden so gewesen ist.

In Anbetracht der Seltenheit eines über Generationen versteckt getragenen rezessiven Allels kommt es mir allerdings äußerst verdächtig vor, dass plötzlich hunderte, nicht näher verwandte blaue Retriever, Bulldoggen oder „American Bullys“ gleichzeitig den Markt mit dieser Modefarbe fluteten.

Man sieht am Weimaraner, dass die Verdünnungsfarbe an sich unproblematisch für die Tiere ist. Aber Farbe als Selektionskriterium beim Hund ist  an sich eine problematische Angelegenheit, da hier die viel wichtigeren Kriterien wie Charakter und Gesundheit oft auf der Strecke bleiben.

Und andererseits betrifft eine spezielle Erkrankung der Haarfollikel, die zu Haarausfall führt (CDA, Color Dilution Alopecia), ausschließlich Hunde mit Verdünnungsfarben. Eine Problematik, die man bislang nicht betroffenen Hunderassen nicht absichtlich beifügen muss, meine ich.

Color Dilution Alopecia (CDA)

Es herrschen viele Missverständnisse rund um die Farbmutantenalopezie oder CDA beim Hund. Im Grunde ist die Problematik aber recht einfach zu verstehen.

Bei Hunden mit Verdünnungsfarben kann sich ein bestimmtes Krankheitsbild zeigen, bei dem der Hund mit steigendem Alter zunächst in den verdünnten Bereichen an den Ohren, später auch an Flanken und Rücken brüchiges schütteres Haar bekommt. Der Verlauf kann bis zum kompletten Haarverlust und Hautproblemen reichen.

Hier mal ein Video mit einer guten Erklärung der Thematik:

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Das ist dann besonders ironisch, wenn man sich den Hund hauptsächlich wegen seiner besonders hübschen Optik angeschafft hat.

Hier findest Du weitere Bilder zum Verlauf einer CDA beim Working Kelpie.

CDA ist eine bislang nicht testbare Erbkrankheit, die sich in bestimmten Verwandtschaftslinien gehäuft vorkommen kann.

Man vermutet aber sehr stark, dass CDA nicht mit einem „fehlerhaften“ d-Allel zusammenhängt, wie das in der Hobbyzüchter-Szene gern behauptet wird. Auch die Verdünnungsfarbe an sich ist nicht das Problem, längst nicht jeder Hund mit Farbverdünnung ist betroffen!

Stattdessen liegt die Vermutung nahe, dass bislang unbekannte Genorte für die Erkrankung verantwortlich sind. Da eine CDA sich aber nur bei Hunden in Verdünnungsfarben zeigen kann, kriegt man von diesem Gendefekt bei den allermeisten normalfarbigen Hunderassen gar nichts mit.

Wenn man jetzt aber plötzlich anfängt ein Dilution-Allel in den Genpool einer bislang nicht betroffenen Rasse einzuschleusen, kann man sein „blaues Wunder“ erleben. Denn erst dann zeigt sich, ob die Vertreter einer Hunderasse neben dem neuen Dilute-Allel auch noch zufällig die Schadgene für eine CDA tragen.

In den Hunderassen wie dem Weimaraner, die exklusiv in Dilute gezüchtet werden, ist CDA interessanterweise nicht verbreitet. Hier hatte man bereits viele Generationen Zeit züchterisch gegen diese Problematik zu selektieren.

CDA taucht viel häufiger in Hunderassen auf, bei denen nur ab und an mal ein Wurf mit blauen oder lilac Welpen geplant wird (Border Collie, Kelpie) oder bei denen das Dilute-Allel neu eingeschleust wurde (Dackel, Frenchie, Labrador).

Beim Dobermann war die Problematik so verbreitet, dass man das „Blue Dobermann Syndrome“ kurzerhand löste, indem man die Verdünnungsfarben gänzlich von der Zucht ausgeschlossen hat.

Wenn man unbedingt einen Welpen in einer Verdünnungsfarbe anschaffen möchte, scheint es allgemein die sicherere Option zu sein sich für eine Linie mit vielen phänotypisch blauen oder lilac Hunden zu entscheiden. Hier wäre das Problem vermutlich schon längst erkannt worden.

Bei Hunden aus zwei Trägertieren (Dd x Dd), in deren Verwandtschaft man kaum Hunde in Dilute findet, kann man unmöglich abschätzen wie hoch das Risiko ist, dass diese Hunde auch die Anlagen für CDA tragen und vererben.

An der Universität Bern wird mit Hilfe von privaten Hundehaltern nach den genetischen Ursachen für CDA beim Hund geforscht. Wenn Du einen solchen Hund besitzt, findest Du hier Infos zur Probeneinsendung.

Quellen

[1] M. Welle, U. Philipp, S. Rüfenacht, P. Roosje, M. Scharfenstein, E. Schütz, B. Brenig, M. Linek, L. Mecklenburg, P. Grest, M. Drögemüller, B. Haase, T. Leeb, C. Drögemüller, MLPH Genotype—Melanin Phenotype Correlation in Dilute Dogs , Journal of Heredity, Volume 100, Issue suppl_1, July-August 2009, Pages S75–S79, https://doi.org/10.1093/jhered/esp010

[2] Philipp, U., Hamann, H., Mecklenburg, L. et al. Polymorphisms within the canine MLPH gene are associated with dilute coat color in dogs. BMC Genet 6, 34 (2005) doi:10.1186/1471-2156-6-34

[3] Cord Drögemüller, Ute Philipp, Bianca Haase, Anne-Rose Günzel-Apel, Tosso Leeb, A Noncoding Melanophilin Gene (MLPH) SNP at the Splice Donor of Exon 1 Represents a Candidate Causal Mutation for Coat Color Dilution in Dogs, Journal of Heredity, Volume 98, Issue 5, July/August 2007, Pages 468–473, https://doi.org/10.1093/jhered/esm021

[4] Van Buren, S.L.; Minor, K.M.; Grahn, R.A.; Mickelson, J.R.; Grahn, J.C.; Malvick, J.; Colangelo, J.R.; Mueller, E.; Kuehnlein, P.; Kehl, A. A Third MLPH Variant Causing Coat Color Dilution in Dogs. Genes 202011, 639.