Grundbegriffe rund um die Vererbung der Fellfarben beim Hund

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Wenn Du verstehen möchtest, wie die Fellfarben beim Hund vererbt werden, kommst Du natürlich nicht drum herum Dich nochmal ein bißchen mit den Grundbegriffen der Genetik zu beschäftigen.

Du willst mehr über die Fellfarben beim Hund wissen?

Hier findest Du direkt alle Farballele beim Hund im Überblick.

DNA – Der individuelle Bauplan

Im Zellkern jeder Zelle Deines Hundes findest Du die DNA, die bekanntermaßen in Form einer Doppelhelix vorliegt.

Die Gesamtheit der DNA-Sequenz eines Organismus wird als dessen Genom oder Erbgut bezeichnet.

Chromosomen

Für die Zellen ist es ziemlich unpraktisch einen einzigen irrsinnig langen DNA-Faden sinnvoll und platzsparend zu organisieren (beim Menschen wäre die DNA eines einzigen Zellkerns am Stück fast 2 Meter lang).

DNA ist deshalb in höheren Lebewesen wie eben auch dem Hund in einzelne Chromosomen aufgetrennt und kompakt verpackt worden.

Hunde besitzen 78 dieser Chromosomen.

Zum Vergleich:

Im menschlichen Genom findet man 46 Chromosomen, beim Schachtelhalm (ja, der Pflanze) sind es 216, bei Katzen  38. Die Chromosomenanzahl jeder Spezies resultiert aus deren Entstehungsgeschichte und sagt selbst nichts über den Informationsgehalt auf der DNA aus.

Gene

Auf der DNA ist die Erbinformation eines Organismus festgehalten.

In bestimmten Abschnitten der DNA, den Genen, steht in einem für den Körper ablesbaren Code geschrieben, wie er bei Bedarf alle zum Leben notwendigen Proteine bauen kann. 

Gene kontrollieren durch die enthaltenen Baupläne alle Aspekte des Lebens, darunter auch die Fellfarbe.

Denn es werden allerhand verschiedene Proteine benötigt, damit Pigmentzellen normal funktionieren, Pigmentmoleküle bilden und in die Haare abgeben können.

Alle Hunde besitzen im Normalfall die gleichen Gene auf ihren Chromosomen.

Aber offensichtlich unterscheiden sich verschiedene Hunde ja optisch voneinander.

Durch Mutationen im Bauplan kann es vom selben Gen verschiedene Varianten geben. Am gleichen Genort können bei verschiedenen Hunden also ganz verschiedene Genvarianten hinterlegt sein.

Aussagen wie „Dieser Hund hat das Merle-Gen!“ sind also falsch.

Alle Hunde haben das „Merle-Gen“. Aber längst nicht bei allen Hunden ist dort auch genau eine der Genvarianten mit dem Bauplan für die Merle-Zeichnung  (M) vorhanden. Viele Hunde haben am Merle-Gen den Bauplan für „Nicht-Merle“(m). „Merle“ und „Nicht-Merle“ sind nur Varianten des gleichen Gens.

Genlokus

Bei allen Hunden sind also normalerweise immer die gleichen Gene auf dem gleichen Chromosom vorhanden (aber mit unterschiedlichem Informationsgehalt je nach Genvariante).

Als Genlokus (=Genort) bezeichnet man die Position eines Gens oder bestimmten DNA-Abschnitts im Chromosomensatz. Die Begriffe ‚Gen‘ und ‚Genlokus‘ können in unserem Fall synonym verwendet werden.

Beispiel: Ein Hund ist am Merle-Lokus oder kurz M-Lokus „M/m“.

Worauf es für uns ankommt:

Für jedes Gen besitzt der Körper des Hundes zwei Kopien: Eine auf dem vom Vater geerbten Chromosom, eine auf dem von der Mutter.

Ein Hund kann also jeweils nur zwei von vielen möglichen Genvarianten eines Genlokus haben.

Hier findest Du eine Liste aller bekannten Farbgene beim Hund.

Allele

Mutationen im Erbgut können dazu führen, dass im Genpool einer Art verschiedenen Varianten des gleichen Gens vorkommen. Diese verschiedenen Genvarianten für den gleichen Genlokus werden als dessen Allele bezeichnet.

Verschiedene Allele können zur unterschieden bei der Ausprägung eines Merkmals führen (z.B. Merle oder Nicht-Merle).

Die Auflistung aller bekannten Allele für einen Genlokus wird als dessen Allelserie oder Allelreihe bezeichnet. An vielen Genorten gibt es mehr als zwei verschiedene Varianten. Ein Hund kann je Genort aber immer nur zwei dieser vielen möglichen Genvarianten besitzen!

Die Benennung der Allele

Für die Darstellung eines Genotyps werden Buchstabenkürzel verwendet. Die Allele des gleichen Genlokus tragen alle den gleichen Buchstaben.

Am Agouti-Lokus oder kurz A-Lokus findet man zum Beispiel vier Allele, für die folgende Kürzel üblich sind:

Das Allel Ay ist eine Kurzform für Ayellow (Zobel).
Das Allel aw ist eine Kurzform für awildtype (Agouti).
Das Allel at ist eine Kurzform für atanpoint (Tanmarken).
Das Allel a ist eine Kurzform rezessives Schwarz.

  • Als „Wildtyp“ wird die Genvariante für die ursprüngliche Normalform bezeichnet, von der sich die anderen Varianten eines Genlokus durch Mutationen abgeleitet haben (aw).
  • Die Allele, die durch Mutationen des Wildtyp-Allels entstehen, werden als mutante Allele bezeichnet (Ay, at, a).

Für das dominante Allel einer Allelserie wird der Großbuchstabe verwendet. Für untergeordnete Ränge wird der Kleinbuchstabe verwendet.

So lassen sich Allelserien vereinfacht darstellen:
B-Lokus →  B (schwarz) > b (braun).
A-Lokus → Ay (Zobel) > aw (Agouti) > at (Tanmarken) > a (Rezessives Schwarz)

Wenn Du Dich mit der Farbvererbung des Hundes beschäftigst, kommst Du langfristig nicht drum herum Dir die Benennung der einzelnen Genorte, ihrer möglichen Allele und die jeweilige Doinanzfolge zu merken!

Homozygotie und Heterozygotie

Zur Erinnerung: Von allen für einen Genlokus bekannten Allelen kann ein Hund nur zwei dieser Genvarianten aufweisen, eins von jedem Elternteil.

  • Erbt ein Hund von beiden Eltern jeweils das gleiche Allel, ist er für dieses Merkmal reinerbig oder homozygot.
  • Erbt ein Hund von jedem Elternteil ein anderes Allel, ist er für dieses Merkmal mischerbig oder heterozygot.

Ist ein Hund heterozygot für ein Merkmal, schreibt man das dominante Allel zuerst, z.B. B/b statt b/B.

Verschiedene Schreibweisen mit oder ohne Trennzeichen sind gleichwertig (B/b = Bb).

Wenn man sich nur über eins der Allele sicher ist, schreibt man auch „B/-„.

Labore berichten in ihren Testergebnissen, ob eine bestimmte Mutation gefunden wurde oder nicht. Für Schreibweisen wie „+/“ („+“ für den Wildtyp) oder „at/N“ („N“ für „nicht gefunden“) wird i.d.R. Informationsmaterial verfügbar gemacht, mit dem man diese Schreibweisen korrekt interpretieren kann.

Genotyp und Phänotyp

Die Auflistung der genetischen Aufmachung eines Individuums nennt man dessen Genotyp: KB/ky B/b (dominantes Schwarz, trägt Braun) oder ky/ky Ay/at (Zobel, trägt Tanmarken).

Das sichtbare Erscheinungsbild eines Individuums wird hingegen als dessen Phänotyp bezeichnet. Hier wird das sichtbaren Erscheinungsbild umschrieben, z.B. ist ein Hund „schwarz mit lohfarbenen Abzeichen“ oder „gestromt mit Maske“.

Bei den Fellfarben des Hundes kann das verwirrend werden, da Züchter verschiedener Hunderassen den Phänotyp anders umschreiben (Zobel = fawn = Sable = Fauve). Oder gleich umschreiben, aber etwas ganz anderes meinen. Wenn jemand sagt sein Hund ist „Rot“, bietet das wenig Information über den Genoptyp.

Hunde mit gleichem Genotyp können unterschiedlich aussehen

Einerseits unterliegen viele Fellzeichnungen einem gewissen Zufallsfaktor (z.. Merle, Stromung, Ticking, Piebald). Andererseits beeinflussen oft weitere Faktoren die genaue Merkmalsausprägung (unbekannte Modifizierungsgene, etc.).

Schau Dir zum Beispiel mal folgende Wurfgeschwister an. Alle sind Zobel mit Stromung und Maske (Em/- kbr/- Ay/-). Aber nicht alle sehen gleich aus:

Nicht alle ähnlichen Hunde haben den gleichen Genotyp

Manche Farben und Muster sehen sich selbst für geübte Augen zum Verwechseln ähnlich. Außerdem überlagern sich verschiedene Zeichnungen, so dass man oft nur einen Bruchteil der Möglichkeiten überhaupt im Phänotyp sehen kann.

Weißscheckung überlagert zum Beispiel alle anderen Farben. Ein unpigmentierter Hund könnte also genoytpisch gestromt oder Merle oder beides sein, man würde es ihm nicht ansehen.

Erbgänge, Dominanz und Epistase

Besitzt ein Hund am gleichen Genort zwei verschiedene Allele, werden meist nicht beide Allele im gleichen Maß ausgeprägt. Allele am selben Genort können sich gegenseitig in ihrer Ausprägung beeinflussen. Man spricht auch von Dominanz.

Ein dominantes Allel führt zur Unterdrückung der Merkmalsausprägung eines rezessiven Allels.

Dominanz bedeutet dabei aber i.d.R. nicht, dass ein Allel aktiv die Wirkung eines schwächeren Allels unterdrückt. Oft ist es einfach so, dass rezessive Allele gegenüber dem dominanten Wildtyp durch Mutationen einen Teil der Information auf ihrem Bauplan verloren haben.

Hat der Hund aber noch mindestens ein Allel mit dem Bauplan für ein funktionierendes Protein, dann reicht diese eine Kopie, um das Merkmal auszuprägen. Wenn ein Hund aber nur mutante Allele geerbt hat, bleibt ihm nicht anderes übrig als daraus mehr oder weniger defekte Proteine zu bauen.

Ein einfaches Beispiel für so einen dominant-rezessiven Erbgang finden wir am B-Lokus:

B steht für ein funktionierendes TYRP1-Gen. TYRP1 enthält den Bauplan für ein Protein, das für die Bildung von schwarzem Pigment nötig ist.

b steht für eine durch Mutation defekte Variante von TYRP1.

Hat ein Hund nur b/b zur Verfügung, hellt sich seine Grundfarbe mangels funktionellem TYRP1 zu Braun auf.

Hat ein Hund aber mindestens ein B-Allel, reicht das schon für die Bildung von normalem schwarzem Pigment.

B verhält sich dominant zu b.
b verhält sich rezessiv zu B.

» In manchen Fällen führt Mischerbigkeit auch zu einem intermediären Erbgang. Hier kommt es zu einer Mischform der Merkmale. Im englischsprachigen Raum spricht man dann auch von „incomplete dominance“ oder Semi-Dominanz.

Ein Beispiel für einen unvollständig dominanten Erbgang sind Piebald, Ticking oder Merle. Reinerbige Hunde prägen mehr von diesen Merkmalen aus als mischerbige.

Dominanz funktioniert also nicht immer ganz so sehr nach dem „Alles-oder-Nichts“-Prinzip, wie wir das in der Mendelschen Vererbungslehre in der Schule gelernt haben. Dominanz bewegt sich eher auf einem Spektrum mit graduellen Zwischenschritten.

» Theoretisch kann es auch passieren, dass bei heterozygoten Allelen beide Genvarianten gleichzeitig in vollem Umfang ausgeprägt werden und beide jeweils sichtbar im Phänotyp vorhanden sind. Man spricht dann von einem ko-dominanten Erbgang.

Hierfür ist bislang kein Beispiel in der Hundefarbgenetik bekannt. Ein Beispiel beim Menschen ist das Blutgruppensystem. Bei Menschen mit Blutgruppe AB wird keine Mischform, sondern jeweils beide Merkmale (A + B) in vollem Umfang ausgeprägt.

Epistase

Die Effekte verschiedener Genloki können sich gegenseitig beeinflussen.

Wenn ein Allel an einem Genort die Merkmalsauspräugung von einem komplett anderen Gen auf einem anderen Genort unterdrückt, spricht man nicht von Dominanz, sondern von Epistase.

» Bei einem Hund mit Genotyp e/e werden die Merkmale des K-Lokus oder A-Lokus nicht augeprägt. Der E-Lokus verhält sich epistatisch gegenüber dem K- und A-Lokus.

» Bei einem Hund mit Genotyp KB/- werden die Merkmale des A-Lokus nicht ausgeprägt. Der K-Lokus verhält sich epistatisch gegenüber dem A-Lokus.

Und auch hier gibt es Ausnahmen, z.B. führen Seal und Ghost-Tan. Auch epistatische Beziehungen funktionieren also nicht immer nur ganz oder gar nicht. Eine Theorie besagt, dass bei Seal die epistatische Wirkung des dominanten KB-Allels am K-Lokus versagt.

Dieser Hund sollte laut Genotyp (E/- KB/-) eigentlich komplett Schwarz sein, ist es aber nicht:

[shariff]

Zusammenfassung

In der DNA des Hundes finden wir die Gene, die alle Informationen zum Bauplan des Hundes enthalten.

Jedes Gen liegt an einem bestimmten Genlokus im Genom des Hundes.

Verschiedene Varianten dieser Gene eines Genlokus werden Allele genannt und bilden in ihrer Gesamtheit die Genserie für diesen Genlokus. Ein Individuum kann heterozygot oder homozygot in Bezug auf ein Merkmal sein.

Ob es zur Ausprägung eines im Genotyp vorhandenen Allels im Phänotyp kommt, hängt vom Dominanzverhältnis der einzelnen Allele eines Genlokus zueinander und der Epistase zwischen verschiedenen Genen ab.