Der T-Lokus: Roan, Ticking und Dalmatinerpunkte

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Viele Hunde haben ein paar „Sommersprossen“ rund um die Nase. Aber auch richtig dichte Stichelmuster, runde Dalmatinerflecken oder die „Mottles“ bei den Hütehunderassen zählen als Ticking.

Leider weiß man noch nicht allzu viel über die Genetik und Vererbung dieses hübschen Tüpfelmusters. Hier mal ein Überblick über den bisherigen Kenntnisstand.

Du willst mehr über Fellfarben beim Hund lernen?

Hier findest Du nochmal alle Grundlagen der Genetik und Vererbung der Fellfarben. Der Beitrag über die Pigmenttypen erklärt die Begriffe Eumelanin und Phaeomelanin. Und hier entlang geht’s zur kompletten Übersicht über alle Fellzeichnungen und -farben.

Ticking beim Hund

Als Ticking, Roan, Speckles, Schimmel, Belton, Mottles, Tupfen etc. bezeichnet man Punkte oder dunkle Stichelung, die sich bei manchen Hunden auf unpigmentiert weißem Fell ausbilden.

Bei manchen Hunderassen ist eine Form von Ticking vorgeschrieben (Dalmatiner, Australian Cattle Dog, English Setter,…). Bei anderen Hunderassen kommt Ticking nur hin und wieder vor (Border Collie, Spaniels, Terrier).

Alle Hunde mit Ticking werden zunächst Weiß geboren. Ticking wird erst in den ersten Lebenswochen langsam sichtbar. Nach meiner Erfahrung zeigen sich die ersten Pünktchen als dunkler Schleier zwischen den Zehen. Es kann dann aber durchaus ein paar Wochen dauern bis alle Mottles in voller Größe sichtbar sind.

Ticking wird nur in weißen Fellbereichen ausgeprägt. Es muss sich allerdings um echtes unpigmentiert weißes Fell handeln, damit Ticking möglich ist.

Wenn Du genau hinsiehst, kannst Du erkennen, dass dieser Hund ohne das dichte Ticking eine weiße Schnauze hätte.

Ticking ist um die Nase herum und an den Beinen am dichtesten ausgeprägt. Hat ein Hund nur wenige Punkte, erscheinen diese meist zuerst an der Nase und den Pfoten.

Viele „weiße“ Hunde sind in Wahrheit rezessiv Gelb und haben nur extrem stark aufgehelltes Pigment. Auf diesem weißen Fell kann sich kein Ticking bilden!

Das ist auch der Grund, warum Du niemals auf einem weißen Schäferhund, Pudel oder Malteser jemals Ticking sehen wirst. Diese Hunde sind in Wahrheit  sehr hell cremefarben pigmentiert.

Äußerlich lassen sich extrem aufgehellte Hunde oft schlecht von Extremschecken unterscheiden. Sind Mottles anwesend, kannst Du aber ganz sicher sein, dass das Fell an diesen Stellen ganz sicher wirklich Weiß sein muss.

Links: Helles Phaeomelanin. Rechts: Unpigmentiertes Fell.

Ticking nimmt die Farbe an, die der Hund an diesen Stellen normalerweie hätte (wenn er kein Weißschecke wäre). Die Flecken wirken dabei als Fenster auf das unter dem Weiß verborgene Muster. Tupfen in Merle, Brindle, Zobel oder Agouti sind also möglich.

Besonders interessant ist Ticking bei Hunden mit Tanmarken. Hier kann man den Farbübergang in den Mottels sehr schön beobachten.

Ticking ist am besten sichtbar bei kurzhaarigen Hunden. Auf Drahthaar, Locken oder Langhaar verschwimmen die Ränder der einzelnen Mottles und der Hund kann fast grau oder wie ein Dilute aussehen.

Vererbung von Ticking

Man weiß bislang nicht, durch welche Gene Ticking ausgelöst wird.

Man ging bislang von zwei Allelen am T-Lokus aus. Ihr Erbgang scheint unvollständig dominant, so dass Hunde mit T/T dichtes Ticking zeigen und Hunde mit T/t nur wenig Ticking.

T – Ticking
t – Kein Ticking

Update 2021: Bei einer Untersuchung an English Cocker Spaniels und English Springer Spaniels wurden zumindest für de Spaniels drei verschiedene Allele benannt[2]:

TR Roan
T – Ticking
t – Kein Ticking

t verhält sich rezessiv gegenüber T und TR.
TR verhält sich kodominant (homozygote Tiere haben mehr Roan als heterozygote).

Hier die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten und ihre grob zugehörigen Phänotypen:

TRTt
tTR/t
Roan
T/t
Ticking
t/t
Kein Ticking
TTR/T
Roan
T/T
Ticking
TRTR/TR
Mehr Roan

Vermutlich gibt es am T-Lokus noch weitere Varianten, mit denen sich die Fülle an verschiedenen Phänotypen irgendwann besser erklären lässt. Oder wo starkes Ticking/Tüpfelung aufhört und Roan/Strichelung anfängt.

Nur ist es bislang schon phänotypisch gar nicht so einfach eine Grenze zu ziehen, ob ein Hund jetzt ein bißchen, wenig oder stark getüpfelt ist.

Übrigens: Ein Hund, bei dem Ticking nicht sichtbar werden kann, weil er keine Weißscheckung hat, kann also trotzdem Ticking tragen und vererben.

Minimales Ticking
Dichtes Ticking

Varianten: Dalmatinerflecken und Roaning

Neben der Dichte der Mottles zeigt sich Ticking noch in weiteren Varianten:

Bei manchen Hunden werden die Pünktchen um die Nase und um die Karpalgelenke herum kleiner und dichter. Manche Hunde bilden ein regelrechtes „Mikroticking“ aus.

Roan

Bei vielen Hunden kann man statt scharf abgegrenzter runder Mottles ein sticheliges Fellmuster aus abwechselnd pigmentierten und weißen Haaren beobachten. Dieses „Roaning“ ist ganz typisch für viele Jagdhunde und die Australian Cattle Dogs.

Während Ticking sich meist auf Kopf und Pfoten konzentreirt, ist Roan etwas gleichmäßiger über den Hund verteilt.

Die Abgrenzing ist allerdings oft etwas schwierig.

Oft kann man am gleichen Hund Roan und an anderen Körperstellen klar abgegrenzte Mottles finden. Die genaue Abgrenzung zwischen Ticking und Roan ist dabei in Grenzfällen gar nicht so leicht. Es steht deshalb zur Diskussion, ob Roan überhaupt ein eigener Phänotyp ist oder einfach nur anders verteiltes Ticking.

Update 2021: Es scheint sich bei Roaning um einen eigen Phänotyp zu handeln und es gibt bei Embark ab sofort einen Gentest für Roaning, das am neuen R-Lokus verortet wurde[3]. Der scheinbar separate T-Lokus und mögliche Zusammenhänge und Interaktionen zwischen Ticking, Roaning und Dalmiatinerpunkten bleiben allerdings weiter unklar.

Mischlingswelpen solcher Hunde haben oft normale Mottles. Was auch immer Roan auslöst, muss also vermutlich von beiden Elternteilen geerbt werden. Hier könnten neben dem T-Lokus auch noch weitere Modifizierungsgene im Spiel sein.

Dalmatinerpunkte

Ein weiterer Phänotyp, den jeder kennt, sind die Punkte beim Dalmatiner (=Pardelung, Flecking). Hier findet man größere und weiter verteilte Punkte, deren Dichte nicht um die Nase oder Pfoten zunimmt.

Die genetischen Hintergründe für dieses modifizierte Ticking sind ebenfalls noch nicht ganz klar.

Da alle Dalmatiner Extremschecken sind, kann es neben dem Punktemuster auch gelegentlich zur Bildung von kleinen oder großen Farbplatten kommen. Diese sind manchmal von „ineinander gewachsenen Punkten“ schwer abzugrenzen.

Die Flecken eines Dalmatiners haben die Farbe, die der Hund ohne Weißscheckung hätte. Die meisten Dalmatiner wären ohne Piebald einfarbig schwarz, braun ist aber auch erlaubt.

Daneben gibt es eine Fülle von Fehlfarben, bei denen Ticking dann Punkte in Lemon (e/e), Dilute, Brindle, Tanmarken oder anderer Muster sichtbar macht. Hier findest Du eine amerikanische Seite, in der jemand Bilder solcher fehlfarbenen Dalmatiner gesammelt hat.

Verwechslungsmöglichkeiten

Nicht mit Ticking zu verwechseln: Wenn ein Hund sehr helles dünnes Fell oder kahle Stellen hat, können die darunter liegenden Hautflecken sichtbar werden. Diese bilden nicht das Muster des Ticking eines Hundes ab. Eine Menge Hunde haben Hautflecken, ohne gemottelt zu sein.

In manchen Varianten kann Ticking fürs ungeübte Auge wie „komisches Merle“ aussehen. Dabei ist der Unterschied in natura immer relativ eindeutig:

  • Merle betrifft nur Eumelanin und bildet Tüpfel in Originalfarbe und evtl. „Dilute Spots“ auf aufgehelltem Untergrund. In weißem Fell und Phaeomelnain wird Merle nicht sichtbar.

  • Ticking betrifft nur unpigmentierte weiße Fellbereiche und bildet dort Tüpfel in der Farbe aus, die der Hund ohne Weißscheckung an dieser Stelle hätte.

Aber natürlich kann ein Weißschecke gleichzeitig Merle und Ticking zeigen (M/- T/-)!

[shariff]

Quellen

[1] http://www.doggenetics.co.uk/ticking.html

[2] Brancalion L, Haase B, Mazrier H, Willet CE, Lindblad-Toh K, Lingaas F, Wade CM. Roan, ticked and clear coat patterns in the canine are associated with three haplotypes near usherin on CFA38. Anim Genet. 2021 Feb 4. doi: 10.1111/age.13040. Epub ahead of print. PMID: 33539602.

[3] Kawakami T, Jensen MK, Slavney A, Deane PE, Milano A, Raghavan V, et al. (2021) R-locus for roaned coat is associated with a tandem duplication in an intronic region of USH2A in dogs and also contributes to Dalmatian spotting. PLoS ONE 16(3): e0248233. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0248233