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Wie unterscheiden sich Hündinnen von Rüden?
Welche vermeintlichen Vor- und Nachteile beeinflussen das Zusammenleben? Gerade Ersthundehalter stehen hier vor einer offensichtlich erstmal großen Entscheidung, ob Rüde oder Hündin, die im Nachhinein oft nur noch halb so wichtig erscheint.
Aber auch für bei der Anschaffung des lang herbei gesehnten Zweithundes oder eines passenden vierbeinigen Teampartners für Hundesport und andere Aktivitäten ist die Frage nach dem passenden Geschlecht für viele von uns durchaus relevant. Und wieder andere haben eine klare Präferenz (Team Rüde hier), ohne ihre Beweggründe so ganz klar benennen zu können.
Der offensichtliche Unterschied
Die meisten von uns sind intuitiv recht treffsicher darin zu unterscheiden, ob man gerade einen Rüden oder eine Hündin vor sich hat. Zumindest innerhalb der eigenen Lieblingshunderassen.
Klar, ein massiger Körperbau oder ein ruppiger Schnauzbart an einer Hündin mögen einen in Einzelfällen irreleiten, aber grundlegend kann man den Unterschied auf den ersten Blick sehen, auch ohne dafür erst einen Blick unter den Hund riskieren zu müssen.
Es gibt ein paar Äußerlichkeiten, die die Wahl zwischen Rüde oder Hündin beeinflussen können:
- Rüden sind oft durch Größe und Masse etwas imposanter gebaut als vergleichbare Hündinnen.
- Das Rüdenfell ist stellenweise länger, so dass gerade langhaarige Rüden oft eine ausgeprägte mähnenartige Halskrause haben, die Hündinnen in dieser Ausprägung fehlt.
- Der Rüdenkopf ist bei vielen Hunderassen deutlich bolleriger und massiver. Verbunden damit ist oft ein deutlich weniger weicher Ausdruck gegenüber einer Hündin.
- Die äußeren Geschlechtsorgane sind natürlich sichtbar. Sprich: Beim kurzhaarigen Rüden baumeln ein Paar Kronjuwelen zwischen den Hinterbeinen und Familienfotos mit dem sitzenden Buben drauf muss man manchmal zensieren, bevor man sie an Oma schicken kann.
- Ein Nachteil bei Rüden ist in meinen Augen tatsächlich die gelegentlich vorkommende Vorhautentzündung beim Rüden bzw. der oft chronische weißlich-gelbe Ausfluss. Dieses für den Rüden in der Regel harmlose Phänomen ist in der Tat nicht wirklich appetitlich.
- Einige Erkrankungen sind natürlich geschlechtsspezifisch, so zum beispiel Krebs an Hoden, Gebärmutter oder Gesäuge, Prostataprobleme oder Pyometra. Auch Harnwegsinfektionen scheinen bei Hündinnen häufiger vorzukommen.
- Hündinnen scheinen häufiger übergewichtig zu sein. Bei Rüden steigt die Anzahl der fettleibigen Hunde aber nach einer Kastration ebenfalls an[6].
Die übertriebene Zucht auf Äußerlichkeiten in den letzten Jahrzehnten konzentriert sich mitunter auch sehr auf ein erwünscht deutlich unterscheidbares Geschlechtsgepräge zwischen Rüden und Hündinnen derselben Hunderasse. Oftmals sind die gewünschten Unterschiede mehr oder weniger deutlich im Rassestandard festgehalten: Hier geht`s zu den FCI-Rassestandards von A-Z.
Bei den meisten Hunderassen ist der Unterschied in der Optik von Rüden und Hündinnen nicht wirklich gravierend und eher eine Frage der persönlichen Vorliebe. Bei wieder anderen Hunderassen macht sich der geschlechtsspezifische Körperbau aber durchaus als Vor- bzw. Nachteil bemerkbar.
Gerade bei den ganz großen Hunderassen und Molossern kann der kleine Unterschied von 58 cm oder 70 cm Schulterhöhe (die derzeit erlaubten Spitzenmaße beim Berner Sennenhund) zwischen einer zierlichen Hündin oder einem stattlichen Rüden schon mal relevant für die Wahl des nächsten Automodells, den Wunsch nach einem Saugroboter oder die Kosten der Futterrationen werden.
Denn natürlich braucht ein gigantischer Rüde im Extremfall dann auch mehr Platz und Futter, sabbert und haart dafür aber mehr als eine zierliche Hündin.
Läufigkeit und Liebeskummer
Hündinnen werden 1-2mal im Jahr läufig und prägen im Anschluss in einigen Fällen ausgeprägte Symptome einer Scheinträchtigkeit aus. Der damit verbundene Pflegeaufwand für den Halter und der Komfort für die Hündin ist allerdings individuell verschieden.
Stimmungsschwankungen sollen durch den weiblichen Zyklus bedingt ja schon mal vorkommen… Aber nicht jede Hündin leidet darunter.
Rüden hingegen reagieren mal mehr, mal weniger ausgeprägt auf läufige Hündinnen in der Umgebung: Liebeskummer, Pipi schlecken und obsessives Markieren stößt nicht bei allen Haltern auf Verständnis.
Übrigens: Es sind vornehmlich Rüden, die merklich auf Menstruation bei Frauen reagieren und in ihrer Jugend von dem durchaus peinlichen Verhalten abgehalten werden müssen fremden Menschen in den Schritt kriechen zu wollen. Im ersten Jahr mit Hund braucht man vor allem eins: Humor.
Aber: Kein Rüde verliert den Verstand, wenn er eine heiße Hündin wittert! Und neben dem individuell ausgeprägten „Sexualtrieb“ spielt hier vor allem die Erziehung eine Rolle.
Einzelne Hündinnen leiden während ihrer Scheinschwangerschaften. Einzelne Rüden steigern sich in Liebeskummer hinein. Aber: Die meisten intakten Hunde leben ganz unproblematisch.
In meiner Erfahrung wird das Leben mit unkastrierten Hunden oft übertrieben dramatisch dargestellt. Denn es gibt hier einfach keine universelle Wahrheit. Wer Lust hat sich in die Beweggründe seines Vierbeiners hinein zu denken, sich der individuellen Erziehungsaufgabe zu stellen und in der Lage ist verantwortungsvoll zu handeln, kommt in der Regel mit beiden Geschlechtern gut klar.
Auch ein Punkt zum überdenken: Eine Kastration ist bei der Hündin aufwändiger und auch teurer als beim Rüden. Man bedenke auch, dass es sich um eine Amputation der Geschlechtsorgane handelt, die nie nur aus ästhetischen Gründen oder aus Bequemlichkeit geplant werden sollte!
Der liebestolle Rüde?
Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie sehr es als naturgegeben hingenommen wird, dass Rüden willenlose Sklaven ihrer Triebe sein sollen… Natürlich, wenn man mit einer Da-kann-man-halt-nix-machen-Einstellung an die Sache geht, nimmt man sich selbst natürlich praktischerweise aus der Verantwortung für das Verhalten seines Rüden.
Denn viele Jungrüden sind eigentlich gar nicht so oversexed wie ihre Halter behaupten, sondern völlig im normalen Rahmen (also sehr!) am anderen Geschlecht interessiert, jugendlich erregbar und begeisterungsfähig, schwer pubertär, ungestüm und noch nicht fertig erzogen.
Nicht zuletzt der Tierschutz preist eine Kastration oft als vorteilhaft für den die Lebensqualität des Hundes an (obwohl die Beweggründe hier ja eigentlich exklusiv bei der ja tatsächlich wichtigen Frage nach der ungewollten Vermehrung liegen).
Ob durch eine Kastration tatsächlich der junge Bursche oder der überforderte Halter von seinem Leiden erlöst werden, muss allerdings im Einzelfall jeder für sich selbst beantworten.
Problematisch scheint also vor allem, dass einige Ersthundehalter im ersten Lebensjahr mit ihrem pubertären Hundekind ohnehin schon schwer zu schaffen haben mit der Erziehung.
Wenn der Jungrüde dann zugunsten fescher Hundemädels vollends das Interesse an seinen Menschen verliert, haben viele Halter die Faxen dicke. Schlussendlich sind Duftmarken und die Motivation einer Hündin nachzustellen aber einfach nur starke Ablenkungen.
Und es ist absolut möglich den allermeisten Rüden beizubringen ansprechbar zu bleiben.
Im Hundesport ist es übrigens üblich, dass mit intakten Rüden und läufigen Hündinnen gemeinsam trainiert wird. Und das in der Praxis meist ganz ohne Problem und reine Übungssache! Sogar an den meisten Prüfungsveranstaltungen dürfen heiße Hündinnen teilnehmen.
Allerdings muss man natürlich ehrlicherweise dazu sagen, dass in praktisch allen Hundesportarten überdurchschnittlich häufig Hunderassen vorkommen, die sich von Natur aus leicht fokussieren und motivieren lassen. Und wer schon soweit ist Prüfungen mit seinem Hund anzustreben, hat in der Regel auch schon mehr Erfahrung mit Hundetraining und tut sich offensichtlich leichter damit seinem Rüden einen vernünftigen Umgang mit Verlockungen aller Art beizubringen als ein Ersthundehalter.
Pipi schlecken beim Rüden
Rüden verkosten den Urin anderer Hunde tatsächlich oft sehr ausgiebig.
Denn durch Zähneklappern, Aufschäumen und Schmatzen sollen Pheromone und Duftmoleküle ans Gaumendach transportiert werden, wo der ohnehin schon phänomenale hündische Geruchssinn durch das Jacobsonsche Organ ergänzt wird.
Das mag man als Halter ekelhaft finden, gehört aber zum natürlichen Verhalten eines Rüden!
Denn viele Details, die Hündinnen nicht wirklich interessieren, scheinen für Rüden enorm wichtig. Man denke zum Beispiel die Bestimmung des idealen Zeitpunkts, um einer läufigen Hundedame in der Umgebung Avancen zu machen oder Werbebotschaften in eigener Sache zu platzieren.
Markierverhalten
Das allseits bekannte Beinchen heben gilt als typisch rüdenhaftes Verhalten. Dabei gibt es erstaunlich viele Hündinnen, die ebenfalls mit erhobenem Beinchen urinieren oder scharren.
Vor allem kleinen Rüden wird gern ein gewisser Napoleon-Komplex unterstellt, bei dem durch übertriebenes Markierverhalten die kurze Beinlänge kompensiert werden soll.
Ein ausgeprägtes Interesse an Urinmarken sowie als aggressiv wahrgenommene Verhaltensweisen assoziieren viele Halter automatisch mit rüdenhaftem Verhalten. Vielfach werden Hündinnen, die das Beinchen heben oder bei anderen Hunden aufreiten, deshalb auch als Rüdinnen bezeichnet und von ihren Haltern als „dominant“ wahrgenommen.
Dabei wissen wir viel zu wenig, um das Verhalten korrekt interpretieren zu können. Und die schiere Anzahl der vermeintlichen „Rüdinnen“ legt nah, dass manche Verhaltensweisen vielleicht gar nicht so exklusiv männlich sind wie allseits angenommen.
Übrigens: Man muss nicht hinnehmen, dass Rüden alles anpullern wollen! es ist durchaus im Rahmen normaler Alltasgerziehung mit ein bißchen mehr Aufwand möglich einem Rüden beizubringen, dass fremder Leute Hauswand oder Sitzbänke im Wald als Pinkelstellen tabu sind.
Den Trend dazu gerade kleinen Rüden die Trainierbarkeit abzusprechen und zu Produkten wie einer Rüdenwindel zu greifen beobachte ich mit Sorge.
Aussagen von selbst ernannten Hundeexperten auf der Hundewiese, dass Markieren oder „drüber pieseln“ etwas mit Dominanzgehabe zu tun hätten oder gar unterbunden werden müssten, sollte man mit allergrößter Vorsicht genießen.
Die wenigen beobachtenden Studien zum Thema haben tatsächlich einige Unterschiede im Markierverhalten je nach Geschlecht, Kastrationsstatus, Bekanntheitsgrad zwischen den Hunden oder Sozialstatus gefunden. Allerdings ohne bislang eine gute Erklärungen bieten zu können[3].
So neigen z.B. unkastrierte Rüden mit hohem Sozialstatus tatsächlich dazu häufiger zu markieren und dabei wohl bewusst über den Urin intakter Hündinnen drüber zu pinkeln. Womöglich, um Besitzansprüche geltend zu machen oder den Urin vor Konkurrenten zu verschleiern?
Das Alter, in dem ein Rüdenwelpe beginnt sein Beinchen zu heben, sagt übrigens wenig bis nichts über das spätere Temperament oder den aktuellen Entwicklungsstatus aus. Klar, spätestens bei Einsetzen der sexuellen Reife mit 6-9 Monaten beginnen Rüden das Bein zu heben und ganz offensichtlich zu markieren.
Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass auch schon junge Rüdenwelpen beginnen das Beinchen heben, ohne deshalb die Weltherrschaft anzustreben!
Duftmarken sind keine reine Rüdendomäne! Auch Hündinnen und kastrierte Hunde beide Geschlechter interessieren sich ja ganz offensichtlich für „Pee-M@il“ und pieseln selbst bevorzugt in der Nähe fremder Urinspuren.
Hündinnen scheinen dabei allerdings schneller das Interesse an Markierverhalten bei paarweisen Begegnungen zu verlieren[4].
In meiner Erfahrung ändert sich das Interesse von Hündinnen an Duftmarken und ausgeprägtem Markierverhalten auch ganz deutlich mit dem Zyklus.
Vor und während der Läufigkeit finden intakte Hündinnen es sehr viel interessanter andere Duftmarken ausgiebig zu prüfen und eigene Pinkel-Botschaften zu hinterlassen.
Über das Markierverhalten und die damit verbundene chemische Kommunikation zwischen Hunden weiß man also erstaunlich wenig! Und das allzu verständlich, denn die Frage wer bei wem warum drüber pinkelt wird für uns Augentiere schnell kompliziert und schwer nachvollziehbar.
Verhalten und Temperament
Gleich vorab: Auch hier gibt es keine Regel. Denn Verhalten wird natürlich nicht nur von Genetik und Geschlecht beeinflusst, sondern auch von Lernerfahrungen, Alter, Status oder individuellem Charakter.
Das ist auch der Grund dafür, warum Kastration kein Allheilmittel gegen Leinenpöbelei, Jagen oder Trennungangst ist. Nicht jedes Verhalten wird durch Geschlecht und Hormone verursacht.
Außerdem kann man Verhaltensparameter immer nur in Referenz zu vergleichbaren Hunden betrachten. Eine Herdenschutzhündin ist im Regelfall vermutlich streitbarer als der durchschnittliche Windhundrüde. Und allerhand Ausnahmen bestätigen jede Regel. Hunde sind Individuen.
Unterschiede zwischen Hunderassen und die Komplexität von Verhalten ist auch schuld daran, dass man hier kaum aussagekräftige Ergebnisse bekommt, wo genau denn jetzt die Stärken und Schwächen von Rüde oder Hündin liegen.
Interessant ist außerdem zunächst die Fragestellung, warum es über das reine Sexual- und Brutpflegeverhalten hinaus überhaupt Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern gibt.
Das Verhalten und die Persönlichkeit können erheblich beeinflussen, wie erfolgreich man seine Gene an die nächste Generation weiterreicht. Und wer sich erfolgreich vermehrt gibt dabei auch die genetische Grundlage für Verhalten an die Folgegeneration weiter. So können sich bestimmte Verhaltensmuster etablieren, die offensichtlich vorteilhaft für die eigene Fortpflanzung sind.
Rüden dürfen in freier Wildbahn zum Beispiel nicht allzu konfliktscheu sein, wenn sie decken wollen. Für einen Hundemann ist die Fähigkeit Ressourcen und Territorien vor Konkurrenten zu verteidigen und Konflikte erfolgreich auszutragen viel relevanter für die Fortpflanzung als für Hündinnen.
So weit, so gut.
Unsere heutigen Hunde sind ja aber nicht nur durch natürliche Selektion, sondern eben auch durch künstliche Auswahl der Zuchtpartner durch den Menschen entstanden.
Gerade in der Zucht moderner Rassehunde haben die Hunde nur noch wenig Mitspracherecht bei der Partnerwahl. Es liegt an uns zu entscheiden, welche Eigenschaften wir uns vom idealen Rüden oder der perfekten Hündin erhoffen und welche Hunde in der Zucht landen und welche nicht.
Tatsächlich gibt es mittlerweile einige Studien rund um geschlechtsspezifisches Verhalten beim Hund, die sich die Autoren einer 2018 veröffentlichten Studie mal näher angesehen haben[2].
Bislang scheinen Verhaltensunterschiede tatsächlich noch in der Evolution und Biologie der Hundeartigen begründet zu sein. Allerdings kennt man in einigen Hunderassen durchaus schon selbstgemachte Probleme z.B. hinsichtlich mangelndem Brutpflegeverhalten bei Zuchthündinnen.
Aggression und Konfliktbereitschaft
Jeder kennt diese oft ungefragte Konversation mit fremden Hundehaltern (meist kurz vor Aufprall von deren 30 kg-Tutnix): „Is das n`Rüde? Rüden mag meiner nicht!„
Und tatsächlich wundert man sich nicht wirklich darüber, wenn unkastrierte fremde Rüden sich nicht leiden können. Bei Hündinnen hingegen gilt gleiches Verhalten als zickig. Rüden gelten als aggressiver, rauflustiger und mutiger. Hündinnen als weicher und verträglicher.
Das Geschlecht scheint also ganz offensichtlich eine Rolle dafür zu spielen, wie aggressiv oder verträglich mit Mensch und Tier ein Hund später im Leben ist, oder?
Es kommt drauf an.
Tatsächlich scheinen Rüden am ehesten in statusbasierte Rangeleien mit anderen intakten männlichen Artgenossen verwickelt zu sein.
Hündinnen hingegen scheinen insgesamt seltener in Konflikte mit fremden Hunden verwickelt, haben im Zweifelsfall aber eher deftige Probleme mit anderen Hündinnen.
Aggression ist vielschichtig und erlischt bekanntermaßen nicht spurlos durch eine Kastration[5]. Einige Studien kommen sogar zu dem Ergebnis, dass kastrierte Hunde womöglich aggressiver auf ihr Umfeld reagieren.
Eindeutiger lässt sich ein Unterschied feststellen, wenn man die Furchtlosigkeit bei Rüde oder Hündin ansieht.
Scheue Hunde sind konfliktscheu und verpassen dabei die Chance sich fortzupflanzen oder Ressourcen für sich und den eigenen Nachwuchs zu sichern.
Tatsächlich verhalten sich junge intakte Rüden deshalb häufig mutiger und furchtloser als ältere Rüden oder Hündinnen. Ängstliche und scheue Verhaltensweisen findet man durchschnittlich hingegen eher bei Hündinnen.
Wer ist anhänglicher: Rüde oder Hündin?
Hunde sind ja an sich schon ziemlich soziale Tiere und ich kann mich bislang nicht beschweren, dass meine Buben weniger anhänglich oder kuschelig als meine Mädels gewesen wären.
Und ob ein Hund stromern würde, findet man im Idealfall mangels Gelegenheit einfach nicht heraus.
Es scheint wohl eine grobe Tendenz feststellbar zu sein, dass Rüden mit „social play“ mehr anfangen können als Hündinnen. Hündinnen suchen dafür häufiger Sozialkontakt zu Menschen und scheinen kooperationsbereiter[2].
Auch hier muss man verallgemeinernde Aussagen mit Vorsicht genießen. Denn welches Verhältnis ein Hund zu Menschen hat und ob ein Hund Interaktion oder gar Kuscheln toll findet, hängt nur zum kleinen Bruchteil vom Geschlecht ab und ist zudem formbar.
Trainierbarkeit von Rüde oder Hündin
Fragt man andere Hundehalter, hat vermutlich jeder eine Meinung zu dem Thema.
Ich selbst halte Hündinnen für quirliger, Rüden dafür für simpler und berechenbarer. Dass die kleine Anzahl Hunde in meinem Leben gar nicht als Stichprobe für so eine Aussage ausreicht, ist mir klar.
Hündinnen sollen durchschnittlich erregbarer und fokussierter sein. Rüden sollen dafür leichter ablenkbar (zugunsten einer erhöhten Wachsamkeit und Aufmerksamkeit auf die Umgebung) sein, aber sich flexibler und schlauer bei Problemlöseverhalten anstellen[2].
Tatsächlich gibt es wenige Hinweise auf eklatante Unterschiede hinsichtlich tatsächlicher Arbeitseigenschaften[1]. Denn erstens besteht Trainierbarkeit aus einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Skills (Motivation, Fokus, Konzentration,…), unterliegt der Tagesstimmung und hängt nicht zuletzt von den Qualitäten des Trainers ab, ne?
Kleiner Exkurs: Rüde oder Hündin im Hundesport
Viele Meisterschaften werden sportartübergreifend von Rüden gewonnen und viele „erfolgreiche“ Trainer führen Rüden. Das hinterlässt den Eindruck Rüden seien womöglich leichter trainierbar oder die besseren Performer unter Stress.
Die Wahrheit ist allerdings vielschichtiger:
Viele Sporthunde werden gleichzeitig als Zuchthunde eingesetzt. Hier fällt eine Hündin natürlich bei jedem Zuchteinsatz für Monate aus und man hat einen ständigen Konflikt zwischen Prüfungsterminen, Welpen und Läufigkeiten.
Ein Deckrüde hingegen kann ganzjährig gleichermaßen gut trainiert und auf Prüfungen geführt werden.
Dazu kommen rationale Erwägungen, Meinungen, Aberglauben und Image-Aspekte. Rüden gelten als explosiver und belastbarer. Oft reiner Aberglaube, aber trotzdem… ich trainier auch bevorzugt mit meinen Buben.
Schau mal genau hin: Bei vielen Arbeits-Hunderassen gibt es eine klare Käufer-Präferenz zu einem der beiden Geschlechter. Denn jede Hunderasse hat ihre eigenen Mythen rund um die Arbeitseigenschaften von Rüde oder Hündin.
Geschlechterrollen beim Hund
Worüber man kurz mal nachdenken sollte ist die eigene Erwartungshaltung. Was denken wir, wie sich ein Rüde oder eine Hündin benehmen oder benehmen sollten?
Denn oft ist es so: Verhalten im Rahmen unserer eigenen geschlechtsspezifischen Erwartungen erachten wir als normal. Verhalten außerhalb unseres Erwartungshorizonts interpretieren wir als Ausnahme zur Regel (z.B. die „Rüdin“ als Anomalie).
Denn oft projizieren wir unsere Erwartung an Gender-Rollenbilder ganz unbewusst auf unsere Haushunde. Und die Labels, die wir einem Hund dabei aufkleben, beeinflussen vermutlich, ob wir uns eher zu Rüde oder Hündin hingezogen fühlen und wie wir unseren Hund behandeln.
Ein eindrucksvoller Rüde wird bekanntermaßen ja nicht selten als Statussymbol angeschafft und wird folgend vermutlich schon als Welpe häufiger als dominant oder aggressiv betitelt. Andersrum ist eine präsente Körperhaltung und Imponiergehabe bei solchen Haltern durchaus erwünscht.
Wer hingegen eine süße Prinzessin oder ein zierliches Püppi sucht, wird vermutlich eher nach einer Hündin Ausschau halten und insgesamt geduldiger bei der Aufzucht sein.
Aber mal ganz überspitzt:
Hündinnen sind nicht allesamt zärtlich-feminine Übermuttis, die stets kinderfreundlich und familienbezogen sind.
Und Rüden sind nicht automatisch alles freiheitsliebende Einzelgänger, Rabauken und Streuner, die sich permanent beweisen wollen und schwer erziehbar sind.
Fakt ist, dass unsere Erwartungshaltung an das Image unserer Hunde unser eigenes Verhalten beeinflusst. Und vielfach kann das zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.
Denn nicht zuletzt das Verhältnis zwischen Hund und Halter formt natürlich die Persönlichkeit eines jungen Hundes.
Und insgeheim finden viele von uns erwartete Eigenschaften ja eigentlich ganz charmant oder sogar erstrebenswert und suchen uns einen Hund genau deshalb aus oder fördern unterbewusst.
Fazit: Rüde oder Hündin?
Eins ist jetzt hoffentlich klar: Man kann keine allgemeingültigen Aussagen machen! Rüden und Hündinnen werden gute wie auch schlechte Eigenschaften nachgesagt, die die wenigsten dieser Meinungen beruhen auf greifbaren Fakten.
Im Gegenteil, zu fast jeder Meinung rund um Rüde oder Hündin findet man eine fast komplett widersprüchliche Sichtweise.
Denn es gibt sowohl bei den Hündinnen als auch bei den Rüden schlaue und weniger schlaue, unabhängige und anhängliche, streitlustige und harmoniebedürftige, gut motivierbare oder faule Individuen.
Viel entscheidender für den Charakter eines Hundes sind Hunderasse, Alter, bisherige Lebenserfahrung und nicht zuletzt Dein Umgang und Deine Erwartungen.
Ausschlaggebender bei der Hundewahl sind persönliche Präferenzen und rationale Erwägungen. Wer keine Lust auf das Spektakel mit den Läufigkeiten hat, ist mit einem Rüden gut bedient. Wer das mit den Duftmarken nervig findet, fühlt sich vermutlich mit einer Hündin wohler.
Und wer keine Präferenz hat, sollte sich nicht verrückt machen lassen und auf sein Bauchgefühl hören. Nicht wenige von uns sind mit einem Wunschgeschlecht zum Züchter gefahren, haben sich in das Gegenteil verliebt und die Entscheidung nie bereut.
Geschlecht ist nicht alles. Die Wahl einer geeigneten Hunderasse, eine kompatible Persönlichkeit, eine gute Bindung und durchdachtes Training sind viel entscheidender für ein harmonisches Zusammenleben!
Quellen
[1] Patricia McConnell PhD (April 2009, updated März 2020): What are the Differences Between Male and Female Dogs?; abgerufen 07/2020 von https://thebark.com/content/what-are-differences-between-male-and-female-dogs
[2] Scandurra, A.; Alterisio, A.; Di Cosmo, A.; D’Aniello, B. Behavioral and Perceptual Differences between Sexes in Dogs: An Overview. Animals 2018, 8(9), 151; https://doi.org/10.3390/ani8090151
[3] Lisberg, Anneke & Snowdon, Charles. (2011). Effects of sex, social status and gonadectomy on countermarking by domestic dogs, Canis familiaris. Animal Behaviour – ANIM BEHAV. 81. 757-764. https://doi.org/10.1016/j.anbehav.2011.01.006
[4] Iotchev, I., Egerer, A., Grafe, S., Adorján, A., & Kubinyi, E. (2019). Encounters between pairs of unfamiliar dogs in a dog park, Biologia Futura BiolFut, 70(2), 156-165. Retrieved Jul 9, 2020 from https://akjournals.com/view/journals/019/70/2/article-p156.xml
[5] Farhoody et al. 2018, “Aggression Toward Familiar People, Strangers, and Conspecifics in Gonadectomized and Intact Dogs”, Front. Vet. Sci., 26 February 2018 | https://doi.org/10.3389/fvets.2018.00018
[6] L. Colliard, J. Ancel, J.J. Benet, B.M. Paragon, G. BlanchardRisk factors for obesity in dogs in France; J. Nutr., 136 (2006), pp. 1951S-1954S