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Wie gut sehen Hunde? Welche Bedeutung hat Sehen für Hunde?
Man muss nicht lange mit Hunden zusammen leben, um eins zu merken: Hunde sehen ihre Umwelt anders als wir. Aber wie gut sehen Hunde? Sind Hunde kurzsichtig oder sehen Hunde Farben? Genau diese Fragen stehen im Fokus dieses Beitrags.
Das Sehvermögen beim Hund ist nicht nur theoretisch spannend für alle Hundenarren. Auch praktisch kann man dieses Hundewissen nutzen, um zum Beispiel faire Trainingsbedingungen zu schaffen oder für den Vierbeiner gut sichtbare Spielzeuge zu finden.
Und sogar für die moderne kognitive Verhaltensforschung ist es notwendig zu wissen, was Hunde sehen können. Denn wie soll man eine hündische Reaktion auf Sichtzeichen, digitale Bilder oder Objekte interpretieren, ohne vorher zu wissen, ob und was der Hund sehen kann?
Was ist Sehen?
Sehen ist die Verarbeitung optischer Reize. Dazu gehört zuerst mal die Wahrnehmung von Licht. Und anschließend die Verarbeitung und Interpretation dieser Informationen im Gehirn.
Die Reizaufnahme geschieht durch die Photorezeptoren in der Netzhaut des Auges. Hier unterscheidet man zwei Typen von Lichtsinneszellen mit unterschiedlichen Aufgaben:
- Nachtsicht bzw. Hell-Dunkel-Sehen oder „skotopisches Sehen“ durch Stäbchenzellen
- Farbwahrnehmung oder „photopisches Sehen“ durch Zapfenzellen
Trifft Licht auf eine Lichtsinneszelle, löst das einen elektrischen Nervenimpuls aus, der über den Sehnerv ins Gehirn gesendet wird.
Die Verarbeitung der Nervenimpulse im visuellen System des Gehirns führt schließlich zu einer bewusst erlebten Sinneswahrnehmung. Bei dieser Auswertung im Hirn werden die Informationen übrigens direkt mit Erinnerungen abgeglichen und interpretiert.
Zum Beispiel erkennt Dein Hund ganz unterbewusst sofort, ob er Dich oder einen Fremden (oder einen Feldhasen) vor Augen hat und wird entsprechend in Aktionsbereitschaft versetzt .
Zum Sehen gehört natürlich mehr als die Wahrnehmung von zweidimensionalen Abbildungen. Denn auch Hunde sehen in bewegten Bildern mit räumlicher Tiefe, Kontrasten und Detailreichtum.
Die Bildqualität setzen sich aus einer Vielzahl von Bestandteilen zusammen. Gemeinsam bestimmen viele Faktoren darüber, was und wie gut ein Hund sehen kann.
- Lichtempfindlichkeit
- Gesichtsfeld
- Sehschärfe/Auflösung
- Akkommodationsfähigkeit
- räumliches Sehen
- Formwahrnehmung
- Farbensehen/Kontraste
- Intensität/Helligkeit
- etc.
Alle diese Details kann das Auge aus dem einfallenden Licht interpretieren. Faszinierend, oder?
Lichtempfindlichkeit beim Hund
Wie oben schon gesagt: Nachtsicht oder „skotopisches Sehen“ wird durch die besonders lichtempfindlichen Stäbchenzellen in der Netzhaut des Auges ermöglicht.
Hunde besitzen mehr Stäbchen in ihrer Netzhaut als wir Menschen[1]. Das erlaubt eine viel empfindlichere Reaktion der Augen auch bei schummerigen Sichtverhältnissen.
Die Augen des Hundes reagieren also sensibler auf Licht als unsere.
Eine erhöhte Lichtempfindlichkeit ist eine Anpassung vieler dämmerungs- und nachtaktiver Tiere. So ist es nicht verwunderlich, dass Wolf und Hund schummeriges Licht besser ausnutzen können als wir.
Stäbchen erlauben ausschließlich eine Hell-Dunkel-Wahrnehmung, funktionieren dafür aber schon bei geringer Helligkeit. Dafür können sie keine Farben wahrnehmen und führen zu einem monochromatischen Schwarz-Weiß-Bild.
Wir kennen das: Nachts erscheinen tatsächlich alle Katzen grau. Nicht nur sprichwörtlich.
Allerdings kann Lichtempfindlichkeit der Augen auch ein Nachteil sein.
Denn Hunde sehen im Dunkeln nicht zwangsläufig immer viel besser als wir. Die lichtsensitiven Augen eines Hundes können durch kurzzeitige Überbelichtung schnell geblendet werden, so dass auch unser Vierbeiner womöglich kurzzeitig mal die Pfote vor Augen nicht mehr sehen kann.
Schaut man in eine helle Lichtquelle (z.B. Taschenlampe, Leuchthalsband), brauchen die Augen einen Moment, um sich wieder auf Nachtsicht einzustellen. Auch wenn man im Sommer aus dem grellen Sonnenlicht nach innen in eine abgedunkelte Wohnung kommt, sieht man erstmal nicht viel.
Beim Menschen scheint sich das Auge nach Überbelichtung sogar schneller zu berappeln als beim Hund. Vor allem beim abrupten Wechsel der Lichtverhältnisse von Hell zu Dunkel brauchen Hunde teilweise sogar doppelt so lang wie Menschen, um ihre Sehfähigkeit vollständig zu erholen[1].
Das Tapetum lucidum
Diese reflektierende Schicht liegt hinter der Netzhaut und spiegelt eintreffendes Licht ein zweites Mal durch die Netzhaut. Das gibt dem Licht eine zweite Chance auf eine Sinneszelle in der Netzhaut zu treffen und registriert zu werden. Das erhöht statistisch die Lichtausbeute.
Der Zweck des Tapetum lucidum ist es aus schlechten Lichtverhältnissen noch das Beste zu machen und auch die kleinsten Lichtquellen noch effektiv nutzen zu können.
Ein Tapetum lucidum erhöht die Lichtempfindlichkeit, allerdings auf Kosten von Details.
Denn es lässt sich nicht vermeiden, dass Licht auf dieser nicht perfekt spiegelglatten organischen Oberflächenstruktur ein bißchen zertreut wird[1]. Und wenn einzelne „Bildpunkte“ aus der Reihe tanzen, ergibt das nun mal ein etwas unscharfes Bild.
Ein Tapetum lucidum kommt bei vielen nachtaktiven oder an die Dunkelheit angepassten Tieren vor, darunter u.a. viele Raubtiere, Pflanzenfresser oder Tiefseebewohner. Sogar bei Vögeln und manchen Spinnen finden sich vergleichbare Strukturen.
Tagaktiven Tieren wie uns Menschen, einigen anderen Primaten, Eichhörnchen oder dem roten Riesenkänguruh fehlt diese Anpassung an die Dunkelheit.
Das Tapetum lucidum ist übrigens auch einer der Grund dafür, warum es im Dunkeln so schwierig ist anständigen Fotos vom Vierbeiner hinzubekommen.
Denn Licht wird ähnlich wie beim Rote-Augen-Effekt vom Tapetum lucidum wieder zurück in die Kamera gespiegelt und sorgt für einen gelb-grün-blauen Lichtkreis im Foto. Und dieser Lichtkreis wird entsprechend größer, wenn sich im Dunkeln die Pupille des Hundes weitet.
Bei verschiedenen Hunderassen wurden Variationen im Tapetum lucidum gefunden.
Große Hunderassen wie Border Collie oder Golden Retriever scheinen häufiger eine vollständige Reflektorschicht zu besitzen, bei kleinen Hunderassen wie Papillon, Dackel oder Sheltie zeigte sich eine verringerte relative Größe des Tapetum lucidum.
Bei fast 2 % der Hunde in einer schwedischen Untersuchung fehlte das Tapetum lucidum sogar komplett, davon betroffen waren zum Beispiel einige Labrador Retriever[4].
Einen tatsächlichen Effekt auf`s Zusammenleben sollte das jedoch nicht haben. Denn hierzulande kommt ein Hund ja praktisch nie in die Situation, in der er sich auf fast nicht wahrnehmbare Lichtquellen verlassen muss.
Können Hunde in der Nacht sehen?
Die Fähigkeit zur Dämmerungssicht ist beim Hund stärker ausgeprägt als bei uns. Denn Hundeaugen reagieren schon bei geringer Helligkeit viel empfindlicher als unsere.
Während wir beim abendlichen Spaziergang im Dunkeln tappen, kann unser Hund vermutlich noch halbwegs gut Hell-Dunkel-Kontraste in der Umgebung wahrnehmen.
Aber auch Hunde brauchen natürlich zumindest ein ganz klein bißchen Restlicht, um überhaupt etwas sehen zu können. Unterhalb seiner Sehschwelle (also im Stockfinsteren) sieht auch ein Hund nicht.
Welche Farben sehen Hunde?
Farbensehen oder „photopisches Sehen“ geschieht durch die Zapfen in der Netzhaut.
Die Farbwahrnehmung funktioniert nur mit genügend Licht und ist daher fast nur für tagaktive Tiere wie uns oder dämmerungsaktive Tiere wie den Wolf relevant.
Farbempfindlichen Zapfenzellen reagieren je nach Typ jeweils nur auf bestimmte Wellenlängen und ermöglichen es so einen Kontrast zwischen verschiedenen Farben wahrzunehmen.
Wir Menschen besitzen in der Regel drei unterschiedliche Typen von Zapfen. Diese reagieren jeweils besonders empfindlich auf Licht in den Farben Blau, Grün oder Rot.
Lange Zeit dachte man Hunde wären komplett farbenblind. Das ist allerdings schon lange widerlegt.
Hunde können Farben erkennen! Aber welche Farben können Hunde sehen?
Hunde besitzen nur 2 Typen von Zapfen, die am intensivsten auf die Wellenlängen von blauem und gelbem Licht reagieren. Und: Nur etwa 3 % der Netzhautzellen bei Hunden sind farbempfindliche Zapfen, verglichen zu etwa 5 % beim Menschen[3].
Welche Farben ein Hund jetzt genau sieht, können wir aber trotzdem nur vermuten.
Lange Zeit dachte man Hunde würden Farben ähnlich einer Rot-Grün-Sehschwäche sehen und könnten diese beiden Farben gar nicht wahrnehmen geschweige denn voneinander unterscheiden.
Eine Studie zeigte, dass Hunde nicht nur Blau von Gelb, sondern unter den richtigen Bedingungen durchaus einen Kontrast von jeweils Rot, Blau oder Grün zu Grau in gleicher Farbintensität unterscheiden können[7].
Eine weitere Untersuchung legt sogar nahe, dass Hunde Farbe als Unterscheidungsmerkmal gegenüber Helligkeit bevorzugten. Farbensehen scheint also durchaus wichtig für Hunde[8].
Und ganz besonders erstaunt darf man über die Erkenntnis sein, dass Hunde zumindest theoretisch vielleicht sogar kurzwelliges Licht im UV-Spektrum sehen können[9]!
Hunde sehen ein anderes Farbspektrum und weniger knallig und kontrastreich als wir.
In einem kleinen Bereich im Zentrum der Netzhaut (Area centralis) findet man bei Mensch und Hund die größte Dichte an Sehzellen. Während man beim Menschen hier auf einem sehr kleinen Areal sogar exklusiv hochauflösende Zapfen vorfindet, findet beim Hund eine Mischform.
Das legt nahe, dass Hunde vor allem zugunsten von lichtempfindlichem Hell-Dunkel-Sehen auf eine scharfe Farbsicht verzichten. Macht Sinn für ein dämmerungsaktives Raubtier, oder?
Helligkeitsempfindung beim Hund
Helligkeit ist eine Qualität, mit der Farbe sich beschrieben lässt, zum Beispiel Hellblau gegenüber Dunkelblau. Mit einer guten Helligkeitsempfindung lassen sich Schattierungen voneinander unterscheiden.
Es liegt theoretisch nahe, dass auf die Dämmerung angepasste Sicht es dem Hund ermöglicht verschiedene Helligkeiten wahrzunehmen. Man weiß allerdings bis heute tatsächlich nicht, wie fein Hunde verschiedene Schattierungen unterscheiden können.
Eine neuere Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Hunde Helligkeitsschritte doppelt so schlecht wahrnehmen können wie wir[5], wobei es hier durchaus auch Kritik am Versuchsdesign dieser Untersuchung gibt[1].
Intensitäten innerhalb einer Farbe können Hunde durchaus unterscheiden, aber eventuell nicht ganz so nuancenreich wie wir.
Sehschärfe und Auflösung
Es ist nicht ganz einfach zu messen, wie gut auflösend oder konturscharf Hunde sehen können.
Es wird angenommen, dass Hunde kurzsichtig sind und auf gleiche Distanz deutlich unschärfer bzw. grobkörniger sehen als wir. Aber man weiß tatsächlich nicht genau, um welchen Faktor!
Zugunsten einer optimalen Lichtempfindlichkeit in der Dämmerung scheint der Hund auf Bildschärfe und auf die Fähigkeit kleine Details zu erkennen verzichtet zu haben.
Insgesamt weiß man aber auch zu diesem Punkt nur sehr wenig und es finden sich in den wenigen Studien zum Thema bereits große Spannweiten der gemessenen Sehschärfe je nach Versuchsaufbau.
Nach bisheriger Erkenntnis sehen Hunde ca. 4-8mal weniger scharf als wir[6]. Auch ein Unterschied je nach Hunderasse ist denkbar, aber nicht erforscht.
Räumliche Wahrnehmung
Das Sehen dreidimensionaler räumlicher Tiefe wird vor allem durch die Überlappung der beiden zweidimensionalen Einzelbilder der beiden Augen möglich.
Im menschlichen Schädel sind die Augen nach vorne gerichtet und die Sichtbereiche beider Augen werden von keiner nennenswerten Schnauze blockiert. Das verringert zwar das Gesichtsfeld auf 180-200 °, allerdings zugunsten einer größeren Überlappung der beiden Blickfelder von um die 140 °. Der Mensch hat als Primat bekanntermaßen eine ausgezeichnete Tiefenwahrnehmung.
Beim Hund liegen die Augen etwas weiter seitlich. Das ermöglicht mit einem Gesichtsfeld von etwa 250 ° eine bessere Rundumsicht. Dafür findet eine verglichen mit uns geringere Überlappung und damit weniger räumliches Sehen statt.
Wie weit sich die Blickfelder beider Augen beim Hund genau überlappen könnte mitunter sogar von der Hunderasse abhängen. Denn in der Tat befinden sich die Augen in verschiedenen Schädelformen mal eher nach vorn und mal mehr zur Seite verlagert.
Aber auch hier weiß man bislang kaum etwas.
Was sehen Hunde im Fernseher?
Viele Hunde flippen geradezu aus, wenn sie Bewegung im TV sehen. Auch intensives Fernsehen mit konzentriert schräg gelegtem Kopf kann man bei vielen Hunden beobachten. Das lässt viele Besitzer glauben, dass ihr Hund das Fernsehbild sehen und richtig interpretieren würde.
Allerdings ist es von außen schwierig festzustellen, ob ein Hund auf diffuse Bewegung, Geräusche oder tatsächlich auf das Bild im TV reagiert. Immerhin zeigt die Mehrheit aller Hunde kein gesteigertes Interesse an der Glotze.
Da Verhaltensuntersuchungen am Hund mittlerweile auch Aufgaben mit Monitoren und Touchscreens umfassen, stieg das Interesse an dieser Fragestellung auch auf Seiten von Wisenschaftlern: Was sieht ein Hund eigentlich im TV bzw. am Monitor?
Und auch hier lautet die Antwort: So genau wissen wir das nicht!
Ein grundlegendes Problem scheint neben den offensichtlichen Problemen wie Farbensehen und Wahrnehmungsqualität vor allem im Bildflimmern bei alten Monitoren zu liegen[10].
Stell Dir das so vor: Flackert ein Licht schnell genug, verschwimmt das für unser menschliches Auge ab etwa 55 Wiederholungen pro Sekunde (also bei einer Frequenz von 55 Hertz oder 55 Hz).
Einzelne Hunde konnten in Untersuchungen aber durchaus noch bis 75 Hz Bildflimmern erkennen. Das macht Sinn für ein Tier, dass darauf angewiesen ist schnelle Bewegungen sehen zu können.
„Flicker Fusion“ (dt.: Flimmerverschmelzungsfrequenz) = Die Geschwindigkeit, in der die Netzhaut auf ein weiteres Bild zu reagieren vermag.
Man nimmt an, dass Hunde Bewegungen besser wahrnehmen können als wir. Aber mehr als ein begründeter Verdacht ist auch das das mangels genauer Untersuchungen noch nicht. Es macht nur einfach Sinn für ein dämmerungsaktives Raubtier.
Bei alten Monitoren (oft mit 60 Hz) kann es also durchaus sein, dass Hunde vor lauter Flackern und Flimmern nicht wirklich viel vom tatsächlichen Bild erahnen können und überhaupt nur gelegentlich auf interessante Bewegungsmuster reagieren .
Ganz anders sieht das aus bei modernen flimmerfreien LCD-Monitoren und HD TV mit höheren Bildfrequenzen. Hier können auch Hunde theoretisch ein flackerfreies Bild erleben.
Allerdings ist damit nicht wirklich erklärt, warum seit dem Siegeszug moderner TV-Ausrüstung plötzlich nicht mehr Hunde am Monitor kleben. Vielleicht finden viele Hunde Fernsehen ja einfach uninteressant?
Wie können wir unseren Hunden das Leben leichter machen?
Es gibt viele, viele Bereiche und Themen rund um die visuelle Wahrnehmung, in denen wir unseren Hunden entgegen kommen können.
Zum einen fällt mir hier der High Performance-Hundesport und Arbeitseinsatz ein.
Wer mit seinem Hund arbeitet, dem fällt vermutlich schnell auf, wenn etwas nicht stimmt. Denn ein Hüte- oder Jagdhund ohne Augenlicht ist nicht einsatzfähig.
Aber agerade im Hundesport gibt es viele Übungen, in denen der Hund auf seine Augen angewiesen ist: Seien es diverse Hoch- oder Weitsprünge in den Schutzhundesportarten, optische Anlaufziele wie die „Box“ im Obedience, Kontaktzonen im Agility oder schon ein banaler Apport.
Eins ist offensichtlich: Könnten Hunde nicht zumindest halbwegs gut sehen, wären viele unserer Aktivitäten mit dem Vierbeiner undenkbar.
Es ist dennoch angemessen, wenn wir dem Hund in einem Zweifelsfall wie diesem zugestehen nicht ganz so perfekt zu sehen wie wir und uns mal in seine Lage zu versetzen oder Übungen möglichst fair gestalten.
Denn Hunde sehen zwar nicht schlecht, aber eben nicht ganz so scharf und kontrastreich wie wir. Und wenn wir uns die Regeln ausdenken, dann braucht es manchmal eben etwas Geduld. Man stelle sich umgekehrt mal vor unsere Hunde wollten uns beibringen Parcours nach Nase und Gehör zu bewältigen. Da wären wir um entgegenkommenden Humor und Geduld auch froh, oder?
Ein Hund ist nicht zwangsläufig ungehorsam oder gar doof, weil er in die falsche Richtung läuft. Eine Aufgabe sieht für ihn vielleicht nur ganz anders aus als für uns.
Bis Hunde z.B. im Agility eine Wippe von einem Laufsteg unterscheiden, nicht auf Verleitungen herein fallen, sich in einem Meer von Geräten oder Markierungstellern orientieren oder auch im Gegenlicht noch kleine Handgesten interpretieren, erfordert bei vielen Hunden eine Menge Erfahrungswerte.
Hunde sind Meister im beobachten und können lernen sehr präzise auf kleine Sichtzeichen zu reagieren.
Man kann davon ausgehen, dass viele Hunde sich vermutlich auch anderen optische Faktoren als von uns geplant merken, um eine Übung oder Situation von der anderen zu unterscheiden und sich zu orientieren.
Auch im Alltag ist es gut sich gelegentlich daran zu erinnern, dass Sehen für uns ein viel prominenterer Sinn ist als für unsere Hunde.
Kontrastreich gewählte Spielsachen und ausschweifende Sichtzeichen werden spätestens dann unverzichtbar, wenn unser Vierbeiner im Alter langsam sein Augenlicht verliert.
Tipp: Die Dog-Vision-App
Die Dog Vision App bietet eine fantastische Möglichkeit die bisherigen Erkenntnisse rund um das hündische Sehvermögen abzubilden.
Sie berücksichtigt u.a. die Farbwahrnehmung und bietet verschiedene Einstellmöglichkeiten (allerdings englischsprachig). Einfach mal ein Bild hochladen und ausprobieren!
Unterschiede bei verschiedenen Hunderassen
Es gibt bislang einige Zufallsfunde und Vermutungen, die Unterschiede im Sehvermögen verschiedener Hunderassen nahelegen.
Und hiermit sind nicht nur die offensichtlichen Unterschiede hinsichtlich Körpergröße, Erbkrankheiten, permanent trockene oder tränenden Augen durch Übertypisierung des Gesichtsschädels gemeint.
Ein interessanter Punkt ist, dass die Länge der Hundeschnauze und die Schädelgröße enorm von der ursprünglichen Wolfsform abweichen. Die Augengröße hingegen variiert nicht ganz so extrem. Das ist mitunter der Grund dafür, warum kleine Hunde oft große Kulleraugen im Verhältnis zu ihrer Kopfgröße haben haben.
Mit zunehmender Verkürzung der Schnauze kann man beim Hund eine Veränderung der Verteilung von Lichtsinneszellen nachweisen[11]. Allerdings hat man (noch) keine Ahnung, wie sich das auf die tatsächliche Sinnesleistung auswirkt.
Ein weiterer Faktor ist die Verwendung bzw. zielgerichtete Zuchtselektion hin auf funktionelle Merkmale:
Für einen Sichtjäger wie einen Windhund (engl. „Sighthound“) hatte das Sehvermögen in der selektiven (Leistungs)Zucht schließlich einen anderen Stellenwert als bei kleinen rundköpfigen Schoßhunden oder nasenlastig arbeitenden Stöberjagdhunden.
- Wie oben schon erwähnt wurden eher zufällig Unterschiede in der Ausprägung des Tapetum lucidum gefunden. Neben degenerativen Erkrankungen (die kaum erforscht sind) findet man auch Hunde, denen diese Struktur komplett fehlt.
Insgesamt scheinen kleinere Hunde ein verhältnismäßig kleinere reflektierende Schicht zu besitzen[4].
- Verschiedene Hunderassen unterscheiden sich nicht nur im Körperbau, sondern auch in ihrer Kopfform. Diese Unterschiede in der Gesichtsmorphologie könnten mitunter auch auf die optische Wahrnehmung beeinflussen.
Zum Beispiel ist anzunehmen, dass das Gesichtsfeld sich je nach Lage der Augen im Hundeschädel ändert. Und damit natürlich auch die Überlappung und die Fähigkeit zum dreidimensionalen Tiefensehen.
- Hunderassen könnten durch Selektion mit unterschiedlichen Bildverarbeitungskapazitäten ausgestattet sein. Denn natürlich ist die Wahrnehmung von schnellen Bewegungen und räumlicher Tiefe für einen Sichtjäger wichtiger als Farbwahrnehmung.
Es wäre durchaus denkbar, dass Hunde trotz baugleicher Strukturen unterschiedlich optimierte Auswertung im Sehhirn aufweisen.
Zusammenfassung
Können Hunde gut sehen? Sehen Hunde schlechter als wir?
Nein, eher anders.
Während wir Menschen vor allem bei hellem Tageslicht ziemlich hervorragend sehen, sind Hunde eher visuelle Generalisten, die sowohl tagsüber als auch nachts zumindest noch ausreichend gut sehen können. Einige Anpassungen ermöglichen dem Hund vor allem im schummerigen Dämmerlicht eine besonders gute Sehfunktion[1].
Ein 1995 veröffentlichter Überblick aller Forschungsergebnisse rund um das Sehvermögen beim Hund[2] gilt bis heute als exzellente Zusammenfassung unseres grundlegenden Wissens.
Da seitdem zunehmend mehr Kognitionsstudien am Hund anhand visueller Merkmale durchgeführt werden (u.a. sogar mit Touchscreens), folgte 2018 ein weiterer umfassender Überblick über den aktuellen Kenntnisstand bzw. ein Hinweis darauf wie wenig man immer noch weiß[1].
- Während unsere Sehfähigkeit vor allem tagsüber mit räumlicher Perspektive und großen Farbkontrasten punktet, sind Hunde uns in der Dämmerung weit überlegen.
- Denn mehr lichtempfindliche Stäbchen und das Tapetum lucidum sorgen dafür, dass Hunde eine höhere Flimmerrate wahrnehmen können, Lichtquellen besser nutzen und Bewegungen besser wahrnehmen als wir.
- Die Investition in eine gute Dämmerungssicht kommt allerdings mit einem Preis: Dafür hat der Hund uns gegenüber eine schlechtere Bildschärfe und ein vermutlich deutlich weniger kontrastreiches Farbensehen.
- Einen ähnlichen Kompromiss findet man bei der räumlichen Wahrnehmung: Um sich ein großes Gesichtsfeld zu leisten, verzichtet der Hund auf einen Teil seiner binokularen Tiefenwahrnehmung.
Was allerdings erwähnt werden muss: Das ganze Thema ist erstaunlich wenig erforscht.
Und die wenigen vorhandenen Studien zu einzelnen Themen wurden oft an einer winzigen Anzahl von Teilnehmerhunden realisiert. Das macht bisherige Erkenntnisse vor allem deshalb wenig aussagekräftig, weil man einen gewissen Unterschied in der visuellen Wahrnehmung zwischen verschiedenen Hunderassen vermutet.
Es bleibt also spannend.
Quellen
[1] Byosiere, S., Chouinard, P.A., Howell, T.J. et al. What do dogs (Canis familiaris) see? A review of vision in dogs and implications for cognition research. Psychon Bull Rev 25, 1798–1813 (2018). https://doi.org/10.3758/s13423-017-1404-7
[2] Miller, P. E., & Murphy, C. J. (1995). Vision in dogs. Journal of the American Veterinary Medical Association, 207, 1623-1634
[3] Peichl, L. (1992). Topography of ganglion cells in the dog and wolf retina. Journal of Comparative Neurology, 324(4), 603-620
[4] Granar, M.I., Nilsson, B.R. & Hamberg-Nyström, H.L. Normal color variations of the canine ocular fundus, a retrospective study in Swedish dogs. Acta Vet Scand 53, 13 (2011). https://doi.org/10.1186/1751-0147-53-13
[5] Pretterer G, Bubna-Littitz H, Windischbauer G, Gabler C, Griebel U. Brightness discrimination in the dog. J Vis. 2004;4(3):241-249. Published 2004 Apr 6. doi:10.1167/4.3.10
[6] Dog Vision, abgerufen 06/2020 von https://dog-vision.andraspeter.com/
[7] Tanaka, T., Watanabe, T., Eguchi, Y., & Yoshimoto, T. (2000). Color Discrimination in Dogs. Nihon Chikusan Gakkaiho, 71(3), 300-doi: https://doi.org/10.2508/chikusan.71.300
[8] Kasparson AA, Badridze J, Maximov VV. Colour cues proved to be more informative for dogs than brightness. Proc Biol Sci. 2013;280(1766):20131356. Published 2013 Jul 17. doi:10.1098/rspb.2013.1356
[9] Douglas, R., & Jeffery, G. (2014). The spectral transmission of ocular media suggests ultraviolet sensitivity is widespread among mammals. Proceedings of the Royal Society of London B: Biological Sciences, 281(1780), 20132995; https://doi.org/10.1098/rspb.2013.2995
[10] Stanley Coren (2011): Do Dogs Understand What They Are Seeing on Television?; Psychology Today; abgerufen 06/2020 von https://www.psychologytoday.com/us/blog/canine-corner/201106/do-dogs-understand-what-they-are-seeing-television
[11] McGreevy P, Grassi TD, Harman AM. A strong correlation exists between the distribution of retinal ganglion cells and nose length in the dog. Brain Behav Evol. 2004;63(1):13-22. doi: https://doi.org/10.1159/000073756