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Neben der Fellfarbe ist die Haarlänge und Textur des Fells eines der optisch markantesten Merkmale vieler Hunderassen.
Hunde gibt es in unheimlich vielen Felltypen: Locken, Drahthaar, Bärte, Kurzhaar, Langhaar, ….
Hier erfährst Du, was genau zu einer Langhaarigkeit beim Hund führt. Und warum nicht jedes Langhaar gleich aussieht.
Der L-Lokus: Langhaar beim Hund
Langhaar entsteht durch eine Defekt-Mutation im FGF5-Gen (fibroblast growth factor 5).
Dieses Gen enthält den Bauplan für ein Protein, das normalerweise während der Wachstumsphase der Haare (Anagen) regulierend auf das Haarwachstum einwirken soll.
Hunde, die kein funktionierendes FGF5 produzieren können, haben deshalb längeres Fell am Körper.
Die Gesichtsbehaarung ist allerdings nicht betroffen. Diese bleibt auch bei langhaarigen Hunden relativ kurz (siehe Collie, Sheltie oder Cocker Spaniel).
Hunde mit langen Bärten und Augenbrauen sind immer zusätzlich Träger der Furnishings-Mutation. Dies führt meist auch zu überlangem Fell bei diesen Tieren (siehe Briard oder Lhasa Apso).
Man bezeichnet FGF5 auch als das „Langhaar-Gen“ bzw. den „L-Lokus„.
- L ist hier das dominante Wildtyp-Allel und führt zu normalem Kurzhaar (Ll, LL).
- l ist das rezessive mutante Allel und führt reinerbig zu Langhaar (ll).
Bei manchen kurzhaarigen Hunden reicht gelegentlich schon eine Kopie des defekten FGF5-Allels, um äußerlich für minimal längeres Fell zu sorgen.
So sind z.B. viele Schäferhunde mit nur einer Kopie des defekten FGF5 manchmal im direkten Vergleich zu ihren homozygot kurzhaarigen Wurfgeschistern etwas plüschiger. Das kann aber auch täuschen und erlaubt keine verlässliche Voraussage über den Genotyp eines Hundes!
Das Merkmal folgt also grundlegend einem rezessiven Erbgang (mit leichter Tendenz hin zu semi-dominanter Vererbung bei vereinzelten Hunden).
Aus zwei langhaarigen Eltern (l/l) kann immer nur 100 % Langhaar fallen. Umgekehrt muss mindestens ein Elternteil kurzhaarig sein, wenn man kurzhaarige Welpen plant.
Und aus einem reinerbig kurzhaarigen Hund (L/L) entstehen in der ersten Generation immer nur kurzhaarige Welpen.
Aus einem kurzhaarigen Hund kann also nur dann ein langhaariger Welpe fallen, wenn er auch tatsächlich Träger für ‚Langhaar‘ ist (L/l).
Das FGF5-Gen kann an verschiedenen Stellen im DNA-Bauplan eine Defekt-Mutation tragen. Und natürlich kann das FGF5-Gen bei einem Hund auch an mehreren Stellen gleichzeitig beschädigt sein. Alle diese mutanten Allele werden als „l“ bezeichnet.
Da alle Defektmutationen zu einem Funktionsverlust führen, ändert das an der Vererbung und Ausprägung der Langhaarigkeit rein gar nichts.
Allerdings kann es eben passieren, dass ein Gentest ein falsches Ergebnis liefert, wenn dort nur nach einer der verschiedenen bekannten Mutation im FGF5-Gen gesucht wurde.
Bei Australian Shepherds, Afghanen, langhaarigen Salukis, Chow Chows, Eurasier, Chinook, Finnish Lapphund, Samojeden, langhaarigen Akitas und langhaarigen Huskies sind mehrere verschiedene Mutationen in FGF5 bekannt, die alle zu Langhaarigkeit führen.
Bei den offensichtlich langhaarigen Yorkshire Terriern und Australian Silky Terriern ist andersrum noch keine auslösende Mutation für dieses Merkmal gefunden wurden, diese Hunde tauchen also in herkömmlichen Gentests fälschlicherweise als Kurzhaar auf (L/L).
Felllänge als Rassemerkmal
Bei der Entstehung fast aller Hunderassen hat irgendwann mal auch ein langhaariger Hund mitgespielt.
In seit Generationen kurzhaarig gezüchteten Rassen ist das rezessive Langhaar-Allel l aber durch gezielte Selektion auf einen kurzhaarigen Phänotyp meist nicht mehr im Genpool vorhanden.
Viele Hunde typisch kurzhaariger Hunderassen wie z.B. Husky, Labrador, Dobermann oder Dalmatiner sind also reinerbig Kurzhaar (LL).
Da ein rezessives Allel aber natürlich versteckt über viele Generationen getragen werden kann, kann theoretisch auch in diesen Hunderassen ganz, ganz, ganz selten mal ein langhaariger Welpe fallen.
Bei anderen Hunderassen gibt es eine kurzhaarige und eine langhaarige Varietät, die höchtens noch mit Sondergenehmigung miteinander verpaart werden dürfen oder sogar als züchterisch unabhängige Hunderassen existieren (z.B. Malinois und Tervueren, Langhaarcollie und Kurzhaarcollie).
Beim Deutschen Schäferhund wurde die langhaarige Variante erst verboten (Liebhaber retteten den Phänotyp unter der Bezeichnung „Altdeutscher Schäferhund“) und seit 2010 als „Langstockhaar“ wieder zugelassen.
Manchmal wird auch ganz bewusst die langhaarige Varietät von Liebhabern außerhalb des offiziellen Verbandes gezüchtet. So zum Beispiel beim langhaarigen Dalmatiner oder dem „fluffigen“ Corgi.
Warum ist nicht jedes Langhaar gleich lang?
Was Dir bestimmt aufgefallen ist:
Langhaar ist nicht gleich Langhaar.
Beim Bearded Collie oder Briard reicht das Langhaar fast bis zum Boden.
Beim ebenfalls genetisch langhaarigen Golden Retriever , Langhaardackel, Flat Coated Retriever oder Australian Shepherd reicht es nur für ein bißchen Plüsch und Befederung.
Zum einen macht es für die Felllänge einen großen Unterschied, ob der Hund gleichzeitig noch die Mutation für Gesichtshaar trägt so wie z.B. der Bearded Collie und Briard. Diese Effekte scheinen sich aufzuaddieren, man spricht dann auch von überlangem Fell.
Das Fell wird zusätzlich von weiteren, bislang aber unbekannten, Modifizierungsgenen beeinflusst.
Die tatsächliche Haarlänge kann so ganz offensichtlich durch züchterische Selektion in die eine oder andere Richtung beeinflusst werden.
Das fällt besonders auf, wenn man Hunde aus Show- und Arbeitslinien innerhalb der gleichen Hunderasse vergleicht. Denn während in den Showlinien schon lange auf eine bestimmte Fellqualität selektiert wird, zählt in Arbeitslinien oft nur die Funktionalität.
Hier fallen mir z.B. der Border Collie oder der Tervueren vs „Working Tervueren“ bei den belgischen Schäferhunden ein.
Bei vielen Hunderassen benennt man sogar die verschiedenen phänotypischen Felllängen als „Medium“, „Langstockhaar“, „Rough“, etc..
In Grenzfällen ist die Unterscheidung von Langhaar und Kurzhaar nur am Phänotyp manchmal sogar erstaunlich schwierig.
Denn ein genetisch kurzhaariger Hund (L/-) kann durch viel Unterwolle vor allem im Winterfell, durchaus einen ziemlich plüschigen Look haben (z.B. sind Huskies kurzhaarig, die Langhaarvariante wird als „Woolly“ bezeichnet).
Auf der anderen Seite kann ein genetisch langhaariger Hund (l/l) aber tatsächlich phänotypisch so kurzes Fell haben, dass er fast schon als „plüschiger Kurzhaar“ durchgeht.
Und dann spielen da auch noch Wachstum, Hormonstatus und andere Faktoren mit rein:
Rüden haben meist mehr Halskrause als Hündinnen.
Winterfell ist i.d.R. plüschiger und etwas länger als Sommerfell (sofern der Hund Unterwolle besitzt).
Und bei jungen langhaarigen Hunden kann es schon mal bis ins Erwachsenenalter dauern bis das Fell endlich zu voller Pracht gewachsen ist.
Langhaarige Welpen erkennt man in gemischten Würfen neben ihren kurzhaarigen Geschistern übrigens oft ab der vierten oder fünften Woche am auffälligen Ohrenplüsch und der Befederung der Rute. Beides fehlt bei den kurzhaarigen Hunden nämlich.
Zusammenspiel von Haarlänge mit anderen Merkmalen
Auf langhaarigen Hunden ist es manchmal ein bißchen schwieriger die genaue Farbe zu erahnen. Denn natürlich verwischt plüschiges Fell die klaren Grenzen vieler Farbverteilungsmuster im Fell.
Und dann kann Langhaarigkeit auch noch mit den anderen beiden markanten Merkmalen Locken und Furnishings auftreten und für ganz eigene Phänotypen sorgen.
Wenn Du mehr darüber wissen möchtest, findest Du mehr Infos im Beitrag über die Haartexturen beim Hund.
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Hier mal ein Überblick über die möglichen Kombinationen:
Quellen
[1] FGF5 as a regulator of the hair growth cycle: Evidence from targeted and spontaneous mutations; Hébert et. al.; Cell. (1994); doi: https://doi.org/10.1016/0092-8674(94)90276-3
[2] Dierks, C. , Mömke, S. , Philipp, U. and Distl, O. (2013), Allelic heterogeneity of FGF5 mutations causes the long‐hair phenotype in dogs. Anim Genet, 44: 425-431. doi: https://doi.org/10.1111/age.12010